Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattungsstreitigkeit. gesetzlicher Rentenversicherungsträger. gesetzlicher Unfallversicherungsträger. Erstattungsanspruch. Rechtsgrundlage. Kenntniserlangung. Mitteilung. Geltendmachung. Ausschlussfrist. altes Recht. neues Recht. Rechtsstaatsprinzip. echte Rückwirkung. Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Rückwirkungsverbot

 

Orientierungssatz

1. § 111 S. 2 SGB X in seiner vom 1.1.2001 an geltenden Fassung ist auf Erstattungsansprüche nicht anzuwenden, wenn die Ausschlussfrist bereits unter Geltung des § 111 SGB X aF am 1.6.2000 abgelaufen gewesen ist (Anschluss an BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 15/03 R).

2. Die Anwendung des § 111 S. 2 SGB X in der ab dem 1.1.2001 geltenden Fassung auf die nach der bis dahin geltenden Fassung maßgeblichen Ereignisse im Jahre 1999 würde zu einer echten Rückwirkung bzw in der Diktion des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts zu einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen führen, weil die Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingriffe. Derartige gesetzliche Eingriffe sind wegen der rechtsstaatlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit grundsätzlich verboten (Anschluss an BSG, aaO).

3. Der Erstattungsanspruch des Rentenversicherungsträgers gegen den Unfallversicherungsträger hat seine Grundlage in § 103 SGB X. Der Erstattungsanspruch des berechtigten Trägers entsteht, sobald dieser seine Leistungen tatsächlich erbracht hat und ihm die entsprechenden Kosten tatsächlich entstanden sind (Anschluss an BSG, aaO).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 1007,78 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zu gelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung begehrt von der Beklagten als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung die Erstattung einer Forderung in Höhe von 1007,78 € (dies entspricht einem Betrag in Höhe von 1971,05 DM) für die Zeit vom 1. Juni 1996 bis 31. Juli 1996.

Die Klägerin gewährte ihrem Versicherten F S bis zu dessen Tod im Oktober 1996 eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige und danach ab 1. November 1996 seiner hinterbliebenen Ehefrau Witwenrente.

Mit Bescheid vom 26. November 1997 bewilligte die Beklagte der Witwe als Sonderrechtsnachfolgerin gemäß § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) für die Zeit vom 8. Mai 1996 bis 12. Oktober 1996 Lebzeitenrente für ihren am 12. Oktober 1996 an den Folgen einer Berufskrankheit verstorbenen Versicherten F S. Mit Schreiben vom selben Tag teilte die Beklagte der Klägerin dies ebenfalls mit.

Am 20. Januar 1998 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch auf die Lebzeitenrente nach § 103 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. § 93 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) geltend. Am 20. Februar 1998 bezifferte die Klägerin ihren Erstattungsanspruch und machte für den Monat Juni 1996 einen Betrag in Höhe von 980,42 DM und für den Monat Juli 1996 einen Betrag in Höhe von 990,63 DM geltend.

Mit Bescheid vom 11. März 1998 stellte die Klägerin die Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige des Verstorbenen ab 1. Februar 1994 neu fest und teilte der Witwe mit, für die Zeit vom 1. Juni 1996 bis 31. Oktober 1996 ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 4885,76 DM. Die entstandene Überzahlung werde für diese Zeit mit der Nachzahlung aus der Unfallversicherung im Rahmen eines Erstattungsanspruches verrechnet.

Am 2. März 1998 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ein Erstattungsanspruch auf die Lebzeitenrente sei mit Fax vom 20. Februar 1998 geltend gemacht worden. Gemäß § 111 SGB X sei der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte diesen nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht worden sei, geltend gemacht habe. Leistungen vor dem 20. Februar 1997 seien somit ausgeschlossen. Es werde um Mitteilung gebeten, ob auf die Hinterbliebenenrente ein Ersatzanspruch geltend gemacht werde.

Am 25. Februar 2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie verzichte auf die Einrede der Verjährung und am 14. März 2000 sie werde das vorliegende Verfahren als nicht abgeschlossen im Sinne der noch beabsichtigten Gesetzesänderung ansehen.

Am 11. Juli 2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Erstattungsanspruch werde insoweit einstweilen nicht befriedigt, als er einen Zeitraum vor dem 1. August 1996 betreffe, da dieser nach dem Beschluss des Bundessozialgerichts zur rückwirkenden Anwendung des § 93 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz - WFG - vom 25. September 1996, BGBl. I 1996, S. 1461 ff.) von der Erstattung ausgeschlossen sein könnte. D...

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