Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Rechtmäßigkeit einer Disziplinarmaßnahme. Verweigerung der Vorlage von Patientendaten zur Prüfung der Honorarabrechnungen. kein Verstoß gegen Datenschutzrechte

 

Orientierungssatz

1. Der Vertragsarzt verletzt vertragsärztliche Pflichten, wenn er der Aufforderung des Kassenärztlichen Vereinigung zur Vorlage der Patientendokumentation zur Prüfung der Honorarabrechnungen auf Rechtmäßigkeit im Wege der Plausibilitätskontrolle nicht Folge leistet.

2. Die angeforderte Weitergabe von Daten ist nicht deswegen rechtswidrig, weil sie gegen Datenschutzrechte der betroffenen Patienten verstoßen würde.

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 30. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine Disziplinarmaßnahme.

Der Kläger war seit dem 17. Juni 1991 bis zum 1. April 2003 als Praktischer Arzt und ist seit dem 2. April 2003 als Facharzt für Allgemeinmedizin mit der Zusatzbezeichnung Chirotherapie in Cottbus zugelassen.

Bei der Prüfung der Honorarabrechnungen für die Quartale 1/2002, 3/2002 und 4/2002 bis 2/2003 auf Rechtmäßigkeit im Wege der Plausibilitätskontrolle stellte die Beklagte eine auffällig hohe Abrechnungszahl für die Gebühren-Nr. 5 EBM fest (Inanspruchnahme des Arztes durch einen Patienten zwischen 20 und 8 Uhr, zwischen 8 und 20 Uhr für Besuche, Visiten und Notfallbehandlungen an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24. und 31. Dezember bzw. für einen Besuch oder Visiste mit Unterbrechung der Sprechstundentätigkeit).

Der Kläger wurde mehrfach um Stellungnahme zur Häufigkeit der Abrechnung gebeten und schließlich zur Vorlage von Patientendokumentationen aufgefordert. Betroffen davon sollten 30 Patienten für das Quartal 2/2003 und zwei Patienten für die Quartale 2/2004 bis 4/2004 sein (Schreiben der Beklagten vom 25. Juli 2007, 27. August 2007, 22. Oktober 2007, 14. November 2007 und 24. Januar 2008).

Der Kläger entgegnete, dass er die Unterlagen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht herausgeben könne. Er legte schriftliche Erklärungen von zwei Patienten vor, in denen sie ihr Einverständnis zur Weitergabe der Unterlagen ausdrücklich verweigerten. Außerdem wandte er sich an den Datenschutzbeauftragten der Beklagten, welcher ihm aber die Rechtmäßigkeit des Verlangens der Beklagten bestätigte.

Die angeforderten Patientenunterlagen übersandte der Kläger nicht. Durch Bescheide vom 10. Oktober 2007, 23. Januar 2008 und vom 3. Juni 2008 stellte die Beklagte die Honorarabrechnungen für die Quartale 2/2003 bis 4/2004 sachlich-rechnerisch richtig.

Am 24. Februar 2009 beantragte der Vorstand der Beklagten die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Kläger, das von dem Disziplinarausschuss eröffnet wurde. Durch Beschluss vom 21. Oktober 2009, dem Kläger zugestellt am 10. Dezember 2009, hat der Disziplinarausschuss gegen den Kläger einen Verweis ausgesprochen. Der Kläger habe durch die Nichtvorlage der angeforderten Patientendokumentationen seine vertragsärztlichen Pflichten verletzt. Dies sei auch schuldhaft erfolgt, da ihm die Rechtslage durch den Datenschutzbeauftragten erläutert worden sei. Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme sei erforderlich, da die Beklagte zur Prüfung der Rechtmäßigkeit von Honorarabrechnungen zwingend auf die Auskünfte ihrer Mitglieder angewiesen sei. Die dauerhafte Weigerung stelle keine geringfügige Pflichtverletzung dar.

Dagegen richtet sich die am 11. Januar 2010 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangene Klage. Der Kläger habe seine vertragsärztlichen Pflichten nicht verletzt. Vor dem Hintergrund des Grundrechts der Patienten auf informationelle Selbstbestimmung hätte die Vorlage der Patientendokumentationen zwingend erforderlich sein müssen. Das habe die Beklagte aber nicht dargelegt. Ohne solche Darlegungen könne ein Recht auf Einsicht in die Unterlagen nicht entstehen.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 30. Mai 2012 abgewiesen. Der Verweis sei mit Recht ausgesprochen worden, weil der Kläger zur Übersendung der einzelnen Patientendokumentationen verpflichtet gewesen sei. Auch wenn grundsätzlich nicht in jedem Fall sämtliche Patientendokumentationen übersandt werden müssten, gelte etwas anderes, wenn aufgrund der bisher übersandten Unterlagen und den dazu erfolgten Angaben noch nicht nachvollzogen werden könne, warum bestimmte Gebührenziffern überhöht abgerechnet worden seien. Dies sei hier der Fall gewesen, weil die Gebühr Nr. 5 (ärztliche Behandlung zwischen 20 Uhr abends und 8 Uhr früh) weit überhöht abgerechnet worden sei und zur Erklärung nur allgemeine Ausführungen erfolgt seien. Die Anforderung sei auch verhältnismäßig gewesen, weil sie sich auf 30 Dokumentationen beschränkt habe.

Gegen das ihm am 18. Juni 2012 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 18. Juli 2012. Verlangt werden könne nach dem Gesetz nur die Vorlage v...

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