Entscheidungsstichwort (Thema)
Halbwaisenrente. nichteheliche Lebensgemeinschaft. Pflegekind. Stiefkind. Ehe. Familie. Halbwaisenrente als Pflegekind bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft nur, wenn Beziehungen des Kindes zu leiblichen Eltern gelöst sind
Leitsatz (redaktionell)
Ein Kind, das mit einem leiblichen Elternteil und dessen Partner in einem gemeinsamen Haushalt lebt, ist nicht Pflegekind dieses Partners.
Orientierungssatz
1. Das im Haushalt einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebende Kind hat keinen Anspruch auf Halbwaisenrente aus der Versicherung des Partners, der nicht der leibliche Vater ist; es ist kein Stiefkind des Versicherten nach § 48 Abs. 3 Nr. 1 SGB 6, da Stiefkinder nur Kinder des Ehegatten, nicht aber des Partners in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft sind.
2. Ein solches Kind ist aber auch kein Pflegekind, da ein Pflegekindschaftsverhältnis nach §§ 48 Abs. 3 Nr. 1 SGB 6, 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB 1 und § 2 Abs. 1 Nr. 2 BKGG voraussetzt, dass die Beziehungen des Kindes zu seinen leiblichen Eltern gelöst sind; dieser Pflegekindbegriff des BKGG gilt einheitlich im Versorgungs-, Rentenversicherungs- und Unfallversicherungsrecht (Anschluss an BSG, Urt. vom 21.10.1998 - B 9 VG 1/97 R - SozR 3-3100 § 45 Nr. 3).
3. Eine Gleichstellung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit der Ehe durch erweiternde Auslegung des § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB ist nach Artikel 6 Absatz 1 GG nicht geboten.
Normenkette
SGB I § 56 Abs. 2 Nr. 2; SGB VI § 48 Abs. 1, 3 Nr. 1; BKKG § 2 Abs. 1 Nr. 2; GG Art. 6 Abs. 1
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. März 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Halbwaisenrente (HWR) aus der Versicherung des am 1964 geborenen und am 2006 verstorbenen U-D Z (im Folgenden: Versicherter).
Die 1993 geborene Klägerin ist die Tochter von G L und M S. Sie lebte mit ihrer Mutter, ihrem Zwillingsbruder K und dem Versicherten bis zu dessen Tod in einer Haushaltsgemeinschaft.
Den Antrag der Klägerin auf HWR vom August 2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2006 ab mit der Begründung, dass die Klägerin kein Kind des Versicherten gewesen sei und auch nicht als dessen Kind nach § 48 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) berücksichtigt werden könne. Insbesondere sei die Klägerin kein Stiefkind des Versicherten.
Die auf Gewährung von HWR für die Zeit ab 25. August 2006 gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin mit Urteil vom 23. März 2007 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf HWR nach § 48 Abs. 1 SGB VI, da sie weder Kind noch Stief- oder Pflegekind des Versicherten gewesen sei. Voraussetzung für die Annahme eines Stiefkindes sei das Vorliegen einer rechtsgültigen Ehe, was hier nicht der Fall sei. Die Klägerin sei auch nicht Pflegekind des Versicherten gewesen. Denn hierfür sei erforderlich, dass das Kind nicht mehr in einer häuslichen Gemeinschaft mit einem leiblichen Elternteil lebe. Die Klägerin habe aber mit ihrer Mutter und dem Versicherten in einem gemeinsamen Haushalt gelebt.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Auf ihre Berufungsbegründung vom 18. Oktober 2007 wird Bezug genommen.
Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich der Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. März 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 12. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit ab 25. August 2006 Halbwaisenrente aus der Versicherung des U-D Z zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf HWR für die Zeit ab 25. August 2006.
Gemäß § 48 Abs. 1 SGB VI haben Kinder nach dem Tode eines Elternteils Anspruch auf HWR, wenn sie noch einen Elternteil haben, der unbeschadet der wirtschaftlichen Verhältnisse unterhaltspflichtig ist (Nr. 1), und wenn der verstorbene Elternteil die allgemeine Wartezeit erfüllt hat (Nr. 2). Der Versicherte hatte die allgemeine Wartezeit erfüllt. Die Klägerin kann jedoch nicht als “Kind„ des Versicherten berücksichtigt werden.
Die Klägerin ist kein - leibliches - Kind des Versicherten. Sie hatte im Verhältnis zu ihm auch nicht die Stellung eines Stiefkindes oder Pflegekindes, so dass sie auch nicht nach § 48 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI als Kind des Versicherten angesehen werden kann. Als Kinder gelten auch Stiefkinder und Pflegekinder des Versicherten berü...