Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Verletztengeld. Unterhaltsgeld. Sofortprogramm-Richtlinien-SPR. Auslegung. Lohnersatzfunktion. keine Leistung iSd § 153 SGB 3 aF
Orientierungssatz
Zu den in § 45 Abs 1 Nr 2 SGB 7 genannten Leistungen gehört nicht das Unterhaltsgeld gemäß den Richtlinien des Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Durchführung des Sofortprogramms zum Abbau von Jugendarbeitslosigkeit - Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung Jugendlicher (Sofortprogramm-Richtlinen-SPR (SPR)).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 09. August 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist die Gewährung von Verletztengeld aus Anlass der Folgen eines Arbeitsunfalls des Klägers.
Der 1982 geborene Kläger hat im Sommer 2002 die Schulzeit mit einem erweiterten Hauptschulabschluss beendet. Hieran anschließend folgte eine dreiwöchige Tätigkeit bei M. Im Anschluss an diese Tätigkeit war der Kläger als arbeitssuchend beim Arbeitsamt Berlin-Nord zur Kundennummer gemeldet.
Beginnend mit dem 30. April 2003 nahm der Kläger an einer (Weiter-)bildungsmaßnahme teil mit dem Ziel des Abschlusses zum Zweiradmechaniker mit einer vorgesehenen Dauer bis 29. August 2005, die von der T GmbH Niederlassung J durchgeführt wurde. Voraussetzung der Bildungsmaßnahme war ein Alter zwischen 20 und 24 Jahren und kein Berufsabschluss.
Die Bundesanstalt für Arbeit war Trägerin dieser Maßnahme, die Mittel kamen aus dem Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit. Sie bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 14. Mai 2003 für den Weiterbildungszeitraum Lehrgangskosten (11.434,08 Euro) sowie Unterhaltsgeld (insgesamt 12.880 Euro) in monatlichen Raten zu 460 Euro gemäß den Richtlinien des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Durchführung des Sofortprogramms zum Abbau von Jugendarbeitslosigkeit - Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung Jugendlicher (Sofortprogramm-Richtlinien-SPR ≪SPR≫) vom 01. Dezember 1999 (BAnz S. 19801), geändert am 06. Juni 2003 (BAnz S. 12907), geändert am 14. November 2003, BAnz S. 24380).
Der Kläger war arbeitsunfähig zunächst vom 11. Mai bis 20. Mai 2005. Für diese Zeit war im von seinem behandelnden Arzt mit einer Folgebescheinigung Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden. Während dieser Zeit der Arbeitsunfähigkeit war der Kläger familienversichert. Als er am 20. Mai 2005 mit seinem Motorrad zur Bildungseinrichtung der T gefahren war, um die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abzugeben, wurde der Kläger im Straßenverkehr verletzt und wurde infolgedessen arbeitsunfähig. Er wurde am 20. Mai 2005 stationär behandelt in der Charité (Aufnahmezeit 13.12 Uhr) u. a. wegen verschiedener Frakturen und Traumata. Er brach die Bildungsmaßnahme am 20. Mai 2005 unfallbedingt ab. Die Zahlung des SPR-Unterhaltsgeldes wurde bis 28. Juli 2005 erbracht.
Die Beklagte holte eine Auskunft der Bundesagentur ein, die mit Schreiben vom 04. Oktober 2005 mitteilte, das dem Kläger bewilligte Unterhaltsgeld sei nach den Richtlinien der Jugendarbeitslosigkeit (Sofortprogramm SPR) gezahlt worden und sei keine vergleichbare Leistung nach § 153 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Die Leistung werde aus EU-Mitteln finanziert.
Mit Bescheid vom 05. Oktober 2005 lehnte die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Verletztengeld aufgrund seines Unfalls vom 20. Mai 2005 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe das SPR-Unterhaltsgeld für die Zeit des Unfalls bezogen. Diese Mittel stammten aus dem Europäischen Sozialfonds. Der unterstütze und ergänze u. a. auch die Tätigkeiten der europäischen Mitgliedsstaaten zur Entwicklung des Arbeitsmarktes. Das Unterhaltsgeld stelle kein Arbeitseinkommen dar, da es nicht im Rahmen einer Beschäftigung gezahlt worden sei (§ 14 i. V. m. § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB IV≫). Es handele sich bei dem SPR-Unterhaltsgeld auch nicht um das reguläre Unterhaltsgeld, welches durch die Bundesagentur für Arbeit nach § 153 SGB III gezahlt werde. Nur derartiges Unterhalsgeld würde einen Anspruch auf Verletztengeld begründen. Das Unterhaltsgeld aus dem Europäischen Sozialfonds beruhe auf der Fürsorge der Europäischen Gemeinschaft und sei damit keine Lohnersatzleistung, die in § 45 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) genannt sei. Da es sich bei den in § 45 SGB VII genannten Leistungen um eine abschließende Aufzählung handele, begründe das SPR-Unterhaltsgeld keinen Anspruch auf Verletztengeld. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04. Januar 2006 als unbegründet zurück.
Mit Bescheid vom 08. Februar 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger “wegen der Folgen Ihres Versicherungsfalls vom 20. Mai 2005„ eine Rente als vorläufige Entschädigu...