Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. neue Untersuchungsmethode. Zweistufigkeit des Verfahrens nach § 137e Abs 7 SGB 5. Anforderungen an die Annahme eines Antrags auf Erprobung (hier: der Proteomanalyse des Gallensekrets und des Urins zur Erkennung eines Gallengangkarzinoms). hinreichendes Potenzial. Abwägung mit anderen Methoden. Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen des Gemeinsamen Bundesausschusses. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 1 KR 11/18 R
Orientierungssatz
1. Aus der Zweistufigkeit des Verfahrens nach § 137e Abs 7 SGB 5 lässt sich ableiten, dass es sachlich nicht gerechtfertigt ist, die Anforderungen an die Annahme eines entsprechenden Antrags allzu hoch anzusetzen. Allein aus der Annahme eines Antrags ergibt sich nämlich noch nicht die Verpflichtung zur Durchführung einer Erprobung. Denn auch der angenommene Antrag muss sich noch der Konkurrenz mit anderen neuen Behandlungsmethoden und Konzepten stellen.
2. Die abschließende Feststellung des Nutzens einer neuen Untersuchungsmethode ist das mögliche Ergebnis einer Erprobungsregelung, nicht aber schon ihre Voraussetzung.
3. Das für die Annahme ausreichende hinreichende Potenzial einer Untersuchungsmethode nach § 14 Abs 3 des 2. Kapitels der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses - VerfO (juris: GBAVfO) ergibt sich aus dem Wirkprinzip einer Methode und den zu ihr bereits vorhandenen Erkenntnissen. Für die Bejahung eines hinreichenden Potenzials reicht die auf dem Wirkprinzip beruhende Annahme aus, dass eine diagnostische Methode sich in den ihr zugedachten Anwendungsbereichen als erfolgreich erweisen kann, wenn das Wirkprinzip als solches durch die Praxis bereits bestätigt worden ist.
4. Weder dem Gesetz noch der GBAVfO ist zu entnehmen, dass Voraussetzung für die Annahme eines Antrags auf Erprobung einer Methode ist, dass die noch offenen Fragen abschließend in einer Studie beantwortet werden können.
5. Bei Bejahung eines hinreichenden Potenzials hat der Gemeinsame Bundesausschuss unter Abwägung mit anderen Methoden und unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob er eine Erprobungsrichtlinie beschließt.
6. Hier: Antrag auf Erprobung der Proteomanalyse des Gallensekrets und des Urins zur Erkennung eines Gallengangkarzinoms.
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 19. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2014 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Erlass einer Richtlinie zur Erprobung der Proteomanalyse BPA/UPA zur Bestimmung des Gallengangskarzinoms - CC - als add-on-Diagnostik unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Erprobung einer neuen Untersuchungsmethode.
Der Kläger stellte am 31. Januar 2013 bei dem Beklagten einen Antrag zur Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 137e Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) für den DiaPat®-CC Test, der letztmalig am 28. Juni 2013 aktualisiert wurde. Dieser Test ist als In-Vitro-Diagnostikum beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information registriert. Er basiert auf einer Proteomanalyse im Gallensekret (BPA) und im Urin (UPA), mit der aufgrund sich ergebender charakteristischer Proteinmuster erkannt werden soll, ob bei Patienten mit einer primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) bereits ein bösartiges Gallengangskarzinom (CC) vorliegt. Der Nutzen des Tests liege darin, dass die verlässliche Früherkennung eines CC unabdingbar sei, da eine kurative Therapie nur möglich sei, solange sich der Tumor noch in einem sehr frühen Stadium befinde. Auch bestehe die Notwendigkeit, vor einer Lebertransplantation das Vorliegen eines in einem fortgeschrittenen Stadium befindlichen CC auszuschließen, da die wegen der Transplantation erfolgenden Immunsuppression ein beschleunigtes Tumorwachstum auslöse. Die Überwachung des Zustands erfolge bisher mittels invasiver Endoskopie der Gallenwege (ERCP). Diese sei nur bedingt aussagekräftig und diagnosesicher nur bei 36 bis 46 % der Patienten, wohingegen der kombinierte BPA/UPA Test diagnosesicher bei mehr als 90 % der Versicherten sei. Die Klägerin bezog sich zum Nachweis des Potenzials ihres Verfahrens auf drei Studien, eine von Lankisch aus dem Jahre 2011 mit 94 Patienten und zwei von Metzger aus dem Jahr 2013 mit 164 und 87 Patienten. Sie wies darauf hin, dass gegenwärtig eine weitere Studie laufe und noch eine weitere geplant sei.
Der Beklagte lehnte durch Bescheid vom 19. September 2013 den Antrag ab, weil die Voraussetzungen für die Feststellung eines hinreichenden Potenzials aus den eingereichten Unterlagen nicht hervorgingen. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 17. April 2014 zurück. Das Vorliegen eines hinreichende...