Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Discjockey zählt nicht zu den Künstlern, wenn schöpferisches Element fehlt
Orientierungssatz
Der Bereich Musik umfasst ua professionelle Discjockeys (Anschluss an BSG vom 1.10.2009 - B 3 KS 2/08 R = SozR 4-5425 § 2 Nr 16). Allerdings unterfällt ein Discjockey, der lediglich ein Musikprogramm zusammenstellt, unverändert abspielt und dazu verbindende Texte spricht, nicht unter den Künstlerbegriff, weil hierbei das erforderliche schöpferische Element fehlt.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht, ob der Kläger als Künstler nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) versicherungspflichtig ist.
Er ist 1968 geboren und freiwilliges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung.
Er beantragte im Mai 2011 die Feststellung von Versicherungspflicht nach dem KSVG als DJ. Er rechne mit Einnahmen aus diesen Tätigkeiten von 5000 € jährlich.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 24. Oktober 2011 fest, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliege. Die Tätigkeit könne nicht als künstlerisch im Sinne des Gesetzes angesehen werden. Ein Discjockey zähle nur unter besonderen Umständen zum Kreis der Musiker im Sinne des KSVG. Musiker sei ein DJ nur, wenn er unter Verwendung von Tonträgern und technischen Hilfsmitteln verschiedene Musikstücke zu neuen Klangbildern und Kompositionen zusammenmische. Das dabei entstehende Arbeitsergebnis müsse die Qualität eines neuen künstlerischen Produktes haben.
Der Kläger erhob am 7. November 2011 Widerspruch: er spiele in der Tat bei seinen Auftritten die Musikstücke nicht nur ab, sondern greife tief in den Frequenzverlauf und die Beatfolge ein. Dazu benutze er auch Plattenspieler, die ihm das sogenannte Scratchen ermöglichten. Er werde auch künstlerisch tätig, indem er die Reihenfolge der Songs gestalte und damit eine Stimmung erzeuge. Dazu gehöre die Fähigkeit, saubere Übergänge von einem Musikstück in das andere live vorzunehmen. Ein DJ-Set sei nichts anderes wie das Malen eines Bildes. Jeder einzelne Pinselstrich trage zur Vollendung bei. Jeder einzelne Beat und jede neue Platte erzähle die Geschichte eines Abends weiter. Er produziere im eigenen Tonstudio selbst eigene Songs im Genre elektronische Musik, insbesondere House, Elektro und Techno. Er könne Klavier spielen und habe ein ausgeprägtes musikalisches Gehör. In Zukunft beabsichtige er öffentliche Auftritte mit seinen selbst komponierten Stücken. Diese führe er derzeit schon im Rahmen seiner DJ-Auftritte vor. Auch unterrichte er DJs und solche, die es werden wollten.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2012 als unbegründet zurück. Trotz Aufforderung habe er Bestätigungen der Auftraggeber über das Abspielen selbst komponierter Stücke etc. nicht eingereicht. Daraus habe nur gefolgert werden können, dass der Kläger die Voraussetzungen gegenwärtig nicht erfülle.
Am 28. Februar 2013 beantragte er die Überprüfung des Bescheides nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Er füllte unter dem 20. Juli 2013 erneut den einschlägigen Fragebogen aus.
Mit Bescheid vom 22. Januar 2014 lehnte die Beklagte die Aufhebung des Bescheides vom 24. Oktober 2011 und auf Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG ab. Erneut seien die angefochtenen Unterlagen nicht eingereicht worden.
Der Kläger erhob hiergegen am 24. Februar 2014 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2014 als unbegründet zurückwies.
Am 23. Mai 2014 hat der Kläger Klage beim SG erhoben. Er hat zur Begründung sein Vorbringen wiederholt, neue Klangbilder und Kompositionen zu erschaffen. Seine Tätigkeit erschöpfe sich nicht im bloßen Abspielen von Tonträgern. Er verändere mit Hilfe von Computertechnik live das Arrangement umfassend, mische ein bis zu mehreren Minuten zwei verschiedene Musikstücke ineinander, dabei werde eine persönliche, nicht computerunterstützte Taktanpassung der jeweils ineinander zu blendenden Titel vorgenommen. Er scratche auch zum Teil mit Erstellung eigener Rhythmusmuster. Letztendliche spiele er also eigene, selbst komponierte und bislang nicht veröffentlichte Titel vor.
Das SG hat Auskünfte der Hauptauftraggeber des Klägers, der P GmbH, der RGmbH und der PGmbH eingeholt.
Es hat sodann mit Gerichtsbescheid vom 30. Januar 2017 (Zustellung: 7. Februar 2017) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt, der Kläger mache nicht geltend, als Unterhaltungskünstler tätig zu sein und damit im Bereich der darstellenden Kunst. Er beanspruche vielmehr für sich mit seiner Tätigkeit (neue) Musik zu schaffen. Das bloße Abspielen von Tonträgern oder Musikdateien schaffe in diesem Sinne aber noch keine Musik, da hier regelmäßig ein schöpferisches Element fehle. Ein solches sei erforderlich, um eine Tätigkeit als Discjockey als Kunst einzuordnen. Ents...