Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Nachversicherung nach Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis, Erhebung von Säumniszuschlägen. Verjährung von Säumniszuschlägen
Orientierungssatz
Von einem vorsätzlichen Vorenthalten von Nachversicherungsbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für einen aus dem Beamtenverhältnis ausgeschiedenen Versicherten und damit einer auf 30 Jahre ausgeweiteten Verjährungsfrist auch im Bezug auf Säumniszuschläge ist schon dann auszugehen, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 S. 1 SGB 4 Kenntnis von der Beitragspflicht bestand. Dabei genügt die Kenntnis des jeweiligen Amtswalters, der für die beitragspflichtige öffentliche Körperschaft tätig ist (Anschluss BSG, Urteil vom 17. April 2008, Az: B 13 R 123/07 R).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. März 2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Klägers, für verspätet entrichtete Nachversicherungsbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung Säumniszuschläge zu entrichten.
Die 1971 geborene Versicherte stand vom 01. September 1989 bis zum 29. Februar 1992 als Polizeiassistentenanwärterin (Beamtin auf Widerruf), anschließend vom 01. März 1992 bis 30. Juni 1993 als Polizeiassistentin zur Anstellung (Beamtin auf Probe) und danach als Polizeiassistentin im Dienst des Klägers. Am 16. Mai 1994 erhielt sie die Ernennungsurkunde zur Polizeisekretärin. Mit Ablauf des 30. September 1994 wurde sie auf eigenen Antrag aus dem Beamtenverhältnis entlassen (Schreiben des Klägers vom 28. September 1994).
Mit Schreiben vom 22. September 1994 wurde der Versicherten durch die Abteilung Personal und Organisation des Klägers (Sachbearbeiter Herr W) u. a. mitgeteilt, dass sie nach § 184 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Sechstes Buch (SGB VI) in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert werde, wenn nicht im Einzelnen erläuterte Aufschubgründe vorlägen. Soweit bis zum 31. Oktober 1994 keine gegenteilige Nachricht eingehe, werde davon ausgegangen, dass Aufschubgründe nicht vorlägen und die Nachversicherung daher durchgeführt. Der Personalakte des Klägers betreffend die Versicherte ist weder eine Verfügung zu dem Schreiben noch eine Wiedervorlagefrist zu entnehmen. Aufschubgründe machte die Versicherte nicht geltend, die Nachversicherung unterblieb.
Mit Schreiben vom 28. März 2003 unterrichtete die Beklagte die Personalstelle des Klägers über die geänderte Verwaltungspraxis zur Erhebung von Säumniszuschlägen. Im Ergebnis wurde mitgeteilt, dass an der Verwaltungspraxis, von der Erhebung von Säumniszuschlägen abzusehen, aufgrund einer Gesetzesänderung zum 01. Januar 1995 abgesehen werde. Da die Erhebung von Säumniszuschlägen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr im Ermessen der Beklagten stehe, seien diese zu erheben.
Im Rahmen eines bei der Beklagten auf Antrag vom 07. März 2008 geführten Kontenklärungsverfahrens gab die Versicherte ihre Beschäftigung im Beamtenverhältnis beim Kläger an.
Mit Schreiben vom 03. April 2008 wandte sich die Beklagte wegen der Nachversicherung an den Kläger. Letzterer ermittelte für die Zeit vom 01. September 1989 bis 30. September 1994 einen Nachversicherungsbeitrag von 16.495,29 Euro und überwies diesen mit Wertstellung vom 22. April 2008 an die Beklagte. Im Schreiben vom 15. April 2008 wies er darauf hin, dass ein Säumniszuschlag nicht gezahlt werde, da die Nachversicherung trotz eingetretener Verjährung aus fürsorgerischen Gründen für die Versicherte entrichtet worden sei.
Die Beklagte errechnete eine Nachversicherungsschuld von 13.228,18 Euro, rundete diese auf 13.200 Euro ab, stellte eine Säumnis vom 01. Januar 1995 bis 22. April 2008 von 160 Monaten fest und ermittelte daraus einen Säumniszuschlag von 21.120 Euro (13.200 EUR x 160 Monate x 1 Prozent = 21.120 Euro). Diesen Betrag machte sie mit Anhörungsschreiben vom 26. September 2008 geltend.
Auf dieses Schreiben hin erhob der Kläger am 09. Oktober 2008 die Einrede der Verjährung. Mit Schreiben der Senatsverwaltung für Inneres vom 29. April 2003 sei bekannt gegeben worden, dass die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, jetzt Deutsche Rentenversicherung (die Beklagte), im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung und dem Bundesrechnungshof ihre bisher vertretene Rechtsauffassung (von der Erhebung von Säumniszuschlägen abzusehen) aufgegeben habe und künftig in allen Fällen der verspäteten Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (SGB IV) erheben werde. Der vorliegende Einzelfall stelle sich wie folgt dar: Da die Dienstkraft ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden sei, lägen die Voraussetzungen zur Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung vor. Aus heute nicht mehr n...