Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinsamer Bundesausschuss. Patientenbeteiligung. Antragsrecht für anerkannte Organisationen. kein eigenes Antragsrecht für sachkundige Personen. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Das Antragsrecht des § 140f Abs 2 S 5 SGB 5 steht den in der Verordnung nach § 140g SGB 5 genannten oder nach der Verordnung anerkannten Organisationen zu.

2. Sachkundige Personen haben kein eigenes Antragsrecht aus § 140f Abs 2 S 5 SGB 5.

3. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber ein eigenes Antragsrecht der sachkundigen Personen nicht vorgesehen hat.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.05.2014; Aktenzeichen B 6 KA 29/13 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtswirksamkeit von Beschlüssen zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie im Hinblick auf ein vom Kläger geltend gemachtes und vom Beklagten bestrittenes Antragsrecht.

Der Kläger ist Vorsitzender des Deutschen Diabetiker Bundes. Er wurde vom Deutschen Behindertenrat als sachkundige Person gemäß § 140 f Abs. 2 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) benannt. Als themenbezogener Vertreter nahm er an den Beratungen des Beklagten zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie hinsichtlich der Themen „Lang wirkende Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2„, „Glitazone zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2„ und “Harn- und Blutzuckerteststreifen bei Diabetes mellitus Typ 2„ teil.

Am 8. Januar 2010 beantragte der Kläger zur abschließenden Sitzung des Unterausschusses Arzneimittel und zur Plenarsitzung zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie in Anlage III betreffend die Einschränkung der Verordnungsfähigkeit von lang wirkenden Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2, das Verfahren zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie einzustellen, hilfsweise statt einer beabsichtigten Verordnungseinschränkung die Arzneimittel-Richtlinie um einen näher ausgeführten Therapiehinweis zu ergänzen, höchst hilfsweise von der Verordnungseinschränkung abzusehen und stattdessen die Arzneimittel-Richtlinie um einen noch neu zu entwerfenden Therapiehinweis zu ergänzen. Diesen Antrag stellte der Kläger schriftlich mit ausführlicher Begründung als “themenbezogener Vertreter Rechtsanwalt D M persönlich„ unter dem Briefkopf: “Deutscher Diabetiker Bund, Der Bundesvorstand„.

Der Beklagte holte eine Auskunft der Stabsstelle Patientenbeteiligung bei dem Beklagten vom 20. Januar 2010 ein, in der die maßgeblichen Patientenvertreterorganisationen nach § 140 f SGB V mitteilten, dass der Antrag nicht zwischen den maßgeblichen Verbänden abgestimmt und damit nicht förmlich gestellt worden sei. Nach § 140 f Abs. 2 Satz 5 SGB V seien Anträge der Patientenvertretung über die maßgeblichen Organisationen zu stellen.

Die von dem Kläger eingereichten Antragsunterlagen wurden vor der Sitzung des Unterausschusses am 9. Februar 2010 nicht an die Ausschussmitglieder verteilt. Dies rügte der Kläger in der Sitzung des Unterausschusses. Eine Befassung mit seinem Antrag lehnte der Unterausschuss ab, beriet aber die beabsichtigte Änderung der Arzneimittel-Richtlinie.

In der Plenumssitzung am 18. März 2010 wurde über die Änderung der Arzneimittel-Richtlinie in Anlage III betreffend die Einschränkung der Verordnungsfähigkeit von lang wirkenden Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 beraten und der Beschluss zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie gefasst. Über den Antrag des Klägers wurde nicht beraten bzw. abgestimmt. Der Beklagte beschloss vielmehr einstimmig und ohne Enthaltungen, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 140 f Abs. 2 Satz 5 SGB V nur die anerkannten Patientenorganisationen das Recht hätten, Anträge einzubringen. Eine durch den Kläger bei dem Bundesgesundheitsministerium beantragte Beanstandung des Beschlusses vom 18. März 2010 erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 18. März 2010 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Änderung der Geschäftsordnung (GO) des Beklagten. Im Einzelnen machte er folgende Ergänzungen geltend:

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§ 7 Abs. 2 Satz 1 GO: Patientenvertreterinnen oder Patientenvertreter bleiben zur Mitberatung und Antragstellung in den gemäß § 140 f Abs. 2 Satz 5 SGB V vorgesehenen Fällen zu spezifischen Themen, für die sie benannt wurden, berechtigt, bis sie eine Verzichtserklärung gegenüber der Geschäftsstelle abgegeben haben oder eine andere Vertretung an ihrer Stelle ordnungsgemäß benannt wird.

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§ 20 Abs. 4 Satz 3 GO: Dies gilt auch für nicht konsentierte Anträge themenbezogener Vertreterinnen und Vertreter, soweit diese sich auch an das Plenum richten.

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§ 3 Abs. 4 Satz 2 d GO: Soweit § 140 f Abs. 2 Satz 5 SGB V dies vorsieht, haben die von den nach der Patientenbeteiligungsverordnung anerkannten Organisationen entsandten allgemeinen oder themenbezogenen Vertreter das Recht, Anträge zu stellen.

Nach Beratung des Antrags in der Arbeitsgruppe Geschäftsordnung/Verfahrensordnung am 5. Mai 2010 t...

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