Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines auf Abruf beschäftigten Kameramannes auf Gewährung von Arbeitslosengeld
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt nach §§ 117, 119 SGB 3 a. F. u. a. Beschäftigungslosigkeit voraus. Diese liegt im leistungsrechtlichen Sinn vor, wenn der Betroffene unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses i. S. des Arbeitsrechts in tatsächlicher Hinsicht ohne Beschäftigung ist.
2. Ein Beschäftigungsverhältnis besteht weiter in Fällen, in denen die tatsächliche Arbeitsleistung beendet oder unterbrochen ist, aber sowohl das Arbeitsverhältnis fortbesteht als auch beide Parteien den Willen haben, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen (BSG Urteil vom 11. 3. 2014, B 11 AL 5/13 R).
3. Bei nicht programmgestaltender, aber rundfunk- und fernsehtypischer Mitarbeit an Sendungen ist ein leistungsrechtliches Dauerbeschäftigungsverhältnis bei Weisungsgebundenheit des Auftragnehmers auch dann anzunehmen, wenn über die jeweils für konkrete Einsätze verabredeten Dienste als Kameramann hinaus sich beide Parteien auf unbestimmte Zeit gebunden haben.
4. Ein solches Dauerarbeitsverhältnis kann auch entstehen bei Einsätzen jeweils aufgrund vorgehender telefonischer Anfragen des Arbeitgebers.
5. Dies gilt erst recht, wenn eine regelmäßige Arbeitszeit pro Arbeitseinsatz von 8 Stunden am Tag und ein Urlaubsanspruch von 6 Wochen im Kalenderjahr vereinbart ist.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für einzelne Zeiträume zwischen dem 25. Oktober 2011 und dem 29. September 2013 wegen Unterbrechungen seiner Tätigkeit beim Rundfunk (r).
Der 1970 geborene Kläger ist seit April 2002 beim r als Kameramann tätig, und zwar jedenfalls seit 2007 monatlich in unterschiedlichem Umfang. Nach der “Dienstanweisung für den Einsatz freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim r vom 15. Oktober 2008„ sollten freie Mitarbeiter auf der Grundlage von Einzelabreden beschäftigt werden und nicht verpflichtet sein, angebotene Aufträge anzunehmen oder die Arbeitskraft in einem bestimmten Umfang dem r zur Verfügung zu stellen (§ 1). Auf den weiteren Inhalt der Dienstanweisung (Bl. 17 GA) wird verwiesen.
Am 18. Oktober 2011 meldete sich der Kläger persönlich für die Tage, an denen eine Beschäftigung beim r nicht stattfand, arbeitslos. Der r teilte der Beklagten mit der Arbeitsbescheinigung vom 6. Dezember 2011 mit, der Kläger sei in freier Mitarbeit auf Honorarbasis beschäftigt, seine durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit habe 8,0 h/Tag betragen, und Beiträge zur Sozialversicherung seien abgeführt worden. Aus der Auflistung der SV-Zeiträume und -beträge, mit denen zugleich die Tätigkeitszeiträume seit Mai 2007 angegeben wurden, die jedenfalls seit Oktober 2010 stets nur durch wenige Tage unterbrochen waren, die keinen vollen zusammenhängenden Monat erreichten, ergibt sich, dass der Kläger im Oktober 2010 ein sozialversicherungspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 2.581,- €, im November 2010 von 3.947,10 €, im Dezember von 1.392 €, im Januar 2011 1.885,- €, im Februar 2011 von 1.624,- €, im März 2011 von 2.320,- €, im April 2011 von 2.624,50 €, im Mai 2011 von 2.784,- €, im Juni 2011 von 2.366,95 €, im Juli 2011 von 3.048,45 €, im August 2011 von 3.528,19 €, im September 2011 von 3.145,53 € und im Oktober 2011 von 3.083,06 € bezog.
Seinen Antrag, ihm Alg zu zahlen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 8. März 2012 ab mit der Begründung, der Kläger stehe in einem Dauerbeschäftigungsverhältnis beim r und sei damit nicht arbeitslos. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2012 zurück. Der Kläger sei häufig und ohne größere Unterbrechungen zur Arbeitsleistung beim r herangezogen worden, so dass ein Dauerbeschäftigungsverhältnis vorliege.
Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) hat der Kläger geltend gemacht, weder ein Arbeitsvertrag noch eine Honorarvereinbarung seien geschlossen worden. Das Auftragsvolumen sei abhängig von der Saison und dem Programmbedarf des r. Es stehe ihm frei, kurzfristige Angebote abzulehnen. Auch bundesweite Einsätze seien möglich.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28. April 2015 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Alg im streitigen Zeitraum, da er nicht arbeitslos gewesen sei, sondern durchgehend in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis beim r und daher nicht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe. Von unter sechswöchigen Elternzeiten im Jahr 2012 abgesehen, hätten die Unterbrechungen keinen Monat überschritten. Zugunsten des Klägers würden auch tarifvertragliche Regelungen, wie zB Regelungen über Urlaubsentgelt, gelten. Nach Gesamtwürdigung aller Umstände sei für den gegenständlichen Zeitraum von ei...