Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Verletztengeld. Arbeitsunfähigkeit. begrenzte Verweisbarkeit auf die Art der zuletzt ausgeübten Tätigkeit. ungelernter Arbeiter. Bauhelfer
Orientierungssatz
In der gesetzlichen Unfallversicherung ist dann von einer Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten auszugehen, wenn dieser seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit nicht (weiter) verrichten kann. Gibt er nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit die zuletzt inne gehabte Arbeitsstelle auf, ist abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen. Der Versicherte darf dann auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Verletztengeldes eng zu ziehen ist. Die Grundsätze einer eingeschränkten Verweisbarkeit gelten auch bei ungelernten Arbeiten.
Tatbestand
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Verletztengeld im Zeitraum vom 07. Februar bis 18. November 2005.
Der 1973 geborene Kläger ist nach seinen Angaben Student und finanziert sein Studium durch eine Reihe verschiedenster Tätigkeiten. So arbeitete er bereits als Handwerker, Erschrecker in einem Gruselkabinett, Stadtbilderklärer und Kassierer/Küchenhilfe. Zuletzt war er seit 01. November 2003 als Bauhelfer in einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten beschäftigt.
Am Unfalltag (22. Mai 2004) stürzte er von einer Leiter und fiel auf die rechte Hand. Im Durchgangsarztbericht des Dr. S vom 24. Mai 2004 ist als Diagnose eine kleine knöcherne Absprengung aus der Mittelgliedbasis des 3. Fingers rechts vermerkt. Bei protrahiertem Heilungsverlauf bestand am 14. Juli 2004 noch eine deutliche Schwellung über dem Mittelgelenk des 3. Fingers rechts mit Druck- und Bewegungsschmerz. Es fand sich ein Streckdefizit von etwa 20 Grad bei einer Beugeeinschränkung auf 90 Grad. Ein Ende der Arbeitsunfähigkeit war nach dem Durchgangsarzt Dr. S nicht absehbar (Zwischenbericht vom 19. Juli 2004).
Am 30. November 2004 stellte die Beklagte wegen der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit den Kläger bei Dr. K, Leitender Arzt der Abteilung für Handchirurgie des H Klinikums E vor. Dieser stellte im Bericht vom 01. Dezember 2004 fest, dass als Folge des Unfalls noch ein unvollständiger Faustschluss mit einem noch bestehenden Fingerkuppenhohlabstand am rechten Mittelfinger von 2 cm bestehe. Außerdem habe der Verletzte glaubhafte belastungsabhängige Schmerzen im Mittelgelenk beim Faustschluss angegeben. In Anbetracht der seit dem Unfall verstrichenen Zeit müsse davon ausgegangen werden, dass die gegenwärtige Bewegungseinschränkung am rechten Mittelfinger einen Endzustand darstelle. Die Aussichten, durch Fortführung der krankengymnastischen Übungsbehandlung eine weitere Besserung zu erzielen, seien nur minimal. Der Abschluss des Heilverfahrens sei gerechtfertigt. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Umfang bestehe nicht.
Nach einer weiter erfolglos durchgeführten krankengymnastischen Behandlung führte Privatdozent Dr. E im Zwischenbericht vom 28. Januar 2005 aus, dass nach intensivster Therapie unter Ausschöpfung aller Maßnahmen nun ein Beharrungszustand eingetreten sei. Bei der klinischen Untersuchung habe sich eine geringgradige Schwellung des Mittelgelenkes D 3 rechts gezeigt. Die Streckung sei vollständig, beim Faustschluss zeige sich nur eine minimale klinisch nicht relevante Einschränkung. Der Versicherte gebe weiter Schmerzen an, sei aber aus ärztlicher Sicht wettbewerbsfähig einsetzbar in seinem vor dem Unfall ausgeübten Beruf als Bauhelfer.
Mit Bescheid vom 03. Februar 2005 stellte die Beklagte das Verletztengeld gemäß § 46 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Siebtes Buch (SGB VII) ein. Nach intensiver Behandlung bestehe ein minimales, klinisch nicht relevantes Defizit nach Hyperextensionstrauma des Mittelgelenkes des rechten Mittelfingers mit kleinem knöchernen Ausriss aus der Beugeseite der Basis des Mittelgliedgelenkes. Der Kläger sei daher wettbewerbsfähig einsetzbar im bisher ausgeübten Beruf als Bauhelfer.
Dem hiergegen gerichteten Widerspruch blieb mit zurückweisendem Widerspruchsbescheid vom 29. April 2005 der Erfolg versagt. Mit der hiergegen zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass er wegen der Unfallfolgen, insbesondere der Schmerzen in der rechten Hand, nicht als Bauhelfer arbeiten könne. Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Dr. W, Chefarzt der Chirurgischen Abteilung, Bereich Hand- und Fußchirurgie, des Krankenhauses W, vom 25. April 2006 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, als Unfallfolge bestehe eine anteilige Verdickung des Mittelfingermittelgelenkes rechts, eine Einschränkung der Beweglichkeit im Mittelfingermittel- und -endgelenk rechts, ein unvollständiger Faustschluss der rechten Hand, eine Minderung der Kraft der rechten Hand und des rechten Daumens, eine Behinderung des Grobgriffs der rechten Hand und glaubhafte subjektive Beschwerden. Bei ...