Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung. Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung der hauptamtlichen Mitarbeiter des Staatsapparates. Prüfung eines Entgeltbescheids. Ermittlung und Feststellung des tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts in Kalenderjahren mit Arbeitsausfalltagen. Bezug von Krankengeld nach den Vorschriften der DDR. Zulässigkeit der Schätzung des erzielten Arbeitsentgelts

 

Orientierungssatz

1. Für die Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten wird für ihre Beschäftigung in der DDR eine Vorleistung für die heutige bundesrechtliche Rentenversicherung fingiert. Zu diesem Zweck bestimmt § 5 Abs. 1 AAÜG, dass Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, - unabhängig von etwaigen Beitragsleistungen - als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten. Diesen fiktiven Pflichtbeitragszeiten wird gemäß § 6 Abs. 1 AAÜG grundsätzlich das im jeweiligen Kalenderjahr erzielte Arbeitsentgelt bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze zugeordnet.

2. Für die Höhe des tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts sind alle im Zusammenhang mit der Beschäftigung erzielten Einnahmen zu berücksichtigen. Hierunter fallen jedoch nicht Sozialleistungen wie das beitragsfreie Krankengeld der DDR.

3. Wenn und soweit die Höhe des tatsächlich gewährten Arbeitsentgelts nicht ermittelt und nachgewiesen werden kann, kommt die Schätzung des tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts nach Maßgabe von § 287 ZPO in Betracht. Im Rahmen einer solchen, allerdings nur hilfsweise zulässigen Schätzung, hat der Versorgungsträger seine Schätzungsgrundlagen und Berechnungsmethoden darzulegen. Eine Schätzung nach der Formel des § 252a Abs. 2 SGB VI ist zulässig.

 

Tenor

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 06. Juni 2007 sowie der Bescheid der Beklagten vom 18. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2005 werden abgeändert. Die Beklagte wird verpflichtet, für das Jahr 1989 insgesamt 7.237,15 Mark und für das Jahr 1990 5.188,34 Mark als zu überführendes Entgelt festzustellen.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme im Rahmen des ( sog. Entgelt-) Bescheides nach § 8 Abs. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) verpflichtet ist, in der Zeit vom 15. Februar 1984 bis zum 30. Juni 1990 für die Klägerin höhere Verdienste als tatsächlich erzielte Arbeitsentgelte festzustellen.

Die 1947 geborene Klägerin war im hier streitgegenständlichen Zeitraum beim Magistrat von B und dem Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik beschäftigt. Mit Wirkung vom 15. Februar 1984 trat sie der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates (Versorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 19 zum AAÜG) bei.

Auf Antrag der Klägerin vom 24. Februar 2004 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2004 die Zeit vom 15. Februar 1984 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu diesem Zusatzversorgungssystem und die erzielten Entgelte fest. Dabei berücksichtigte sie die ihr vom Statistischen Bundesamt aufgelisteten und gerundeten lohnsteuerpflichtigen Entgelte und Arbeitsausfalltage, wobei für die Zeit vor dem 30. April 1984 mangels Entgeltbescheinigung des ehemaligen Arbeitgebers ein fiktives Entgelt aus der Beitragsnachweiskarte angesetzt wurde. Festgestellt wurden folgende Arbeitsverdienste:

15.02. - 30.04.1984  

2.448,10 Mark

01.05. - 31.12.1984

5.609,00 Mark

01.01. - 31.12.1985

7.012,00 Mark

01.01. - 31.12.1986

7.645,00 Mark

01.01. - 31.12.1987

8.039,00 Mark

01.01. - 31.12.1988

3.940,00 Mark

01.01. - 31.12.1989

7.114,00 Mark

01.01. - 17.03.1990

2.551,86 Mark

18.03. - 30.06.1990

2.618,14 Mark.

Ergänzend führte die Beklagte aus, bei fiktiv bescheinigten Arbeitsentgelten durch sog. Beitragsnachweiskarten seien diese Entgelte bei Unterbrechungen beispielsweise wegen Krankheit auf tatsächlich erzielte Verdienste heruntergerechnet worden. Dabei sei der Gesamtbetrag mit dem Teilzeitraum vervielfältigt und durch den Gesamtzeitraum geteilt worden und dabei das Kalenderjahr mit 360 Tagen und der Kalendermonat - außer bei anteiliger Ermittlung - mit 30 Tagen gerechnet worden. Weiter wurden Arbeitsausfalltage wie folgt mitgeteilt:

1984:

48

1985:

49

1986:

30

1987:

32

1988:

 143

1989:

41

1990:

17

Hiergegen erhob die Klägerin unter Bezugnahme auf die Beitragsnachweiskarte Widerspruch und machte höhere Verdienste geltend. In der von der Klägerin eingereichten Beitragsnachweiskarte sind folgende Bruttoverdienste bescheinigt:

15.02. - 30.04.1984  

2.448,10 Mark

01.05. - 31.12.1984

7.283,82 Mark

01.01. - 31.12.1985

8.409,23 Mark

01.01. - 31.12.1986

8.505,13 Mark

01.01. - 31.12.1987

9.063,83 Mark

01.01. - 31.12.1988

8.598,60 Mark

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