Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme Beitragszuschüsse Kranken- und Pflegeversicherung in einem Gesamtbeitrag. Pflicht zur Kenntnisnahme von Bescheiden
Orientierungssatz
1. § 255 SGB V (juris: SGB 5) bietet keine Anspruchsgrundlage für Forderung der Beiträge in einem Gesamtbeitrag.
2. Es besteht eine Obliegenheit, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen, auch wenn sie nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist.
Tenor
Auf die Berufungen wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2011 geändert.
Der Bescheid vom 02. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2009 wird aufgehoben, soweit darin ein Anspruch auf Erstattung von 6.742,65 Euro in einem Gesamtbetrag gegenüber der Klägerin geltend gemacht wird.
Der Bescheid vom 31. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2009 wird aufgehoben, soweit die Bewilligung von Zuschüssen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01. Januar 2004 bzw. 01. April 2004 bis 28. Februar 2009 zurückgenommen und ein Erstattungsanspruch in Höhe von 5.972,44 Euro geltend gemacht wird.
Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin zur Rückforderung geleisteter Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung in der Zeit vom 01. Januar 2004 und 01. April 2004 bis 28. Februar 2009 neu zu bescheiden.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufungen zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Im Übrigen werden Kosten nicht erstattet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit sind von der Beklagten geltend gemachte Ansprüche auf Erstattung erbrachter Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung von 5.972,44 Euro für die Zeit vom 01. Januar 2004 bis 28. Februar 2009 und auf Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in einem Gesamtbetrag von 6.742,65 Euro für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis 28. Februar 2009.
Die im April 1948 in der T geborene Klägerin zog im Juni 1970 aus der T nach D. Sie besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und war in Deutschland als Lehrerin beschäftigt. Sie war bei der Beigeladenen krankenversichert zunächst freiwillig und später pflichtversichert. Ab 12. Februar 2002 waren keine Beiträge vom Rentenversicherungsträger an die Beigeladene entrichtet worden.
Nach Auskunft der Beigeladenen an die Beklagte vom 09. November 2011 nahm die Beigeladene die Klägerin am 21. Januar 2005 rückwirkend zum 21. Juli 2004 in die versicherungspflichtige Krankenversicherung der Rentner (KVdR) auf. Hierüber informierte die Beigeladene die Klägerin mit Schreiben vom 29. Januar 2009.
Ab 01. Juli 2011 ist die Klägerin in der Techniker Krankenkasse versichert.
Dazu im Einzelnen:
Am 28. Dezember 2000 beantragte die Klägerin auf einem Vordruck der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt - Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und ebenfalls Zuschüsse zu den Aufwendungen zur Kranken- und Pflegeversicherung mit der Angabe, dass Zuschüsse zu den Aufwendungen zur Krankenversicherung/Pflegeversicherung beantragt werden, weil freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen bestehe.
Nachdem die Beklagte den Antrag der Klägerin im Verwaltungsverfahren abgelehnt und die Klägerin dagegen Klage erhoben hatte, wurde der Rechtsstreit im Berufungsverfahren beendet durch einen Vergleich, wobei die Klägerin ein Vergleichsangebot der Beklagten aus dem Monat März 2004 im April 2004 angenommen hatte. Darin erkannte die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften befristet bis 31. Oktober 2005 nach einem Leistungsfall vom 15. Juni 2003 an.
Mit Bescheid vom 26. Juli 2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung “aufgrund des Vergleichs vom 10. März 2004„ mit dem 01. Januar 2004 befristet bis 31. Oktober 2005 (monatliche Rente von 1.328,57 Euro) und einen Beitragszuschuss zur Pflegeversicherung vom 01. Januar 2004 bis 31. März 2004 in Höhe von monatlich von 33.90 Euro.
Mit Bescheid vom 15. September 2004 stellte die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01. November 2004 bis 31. Oktober 2005 befristet neu fest. Die Höhe der monatlichen Rente wurde ab 01. November 2004 mit 1.328,61 Euro festgesetzt. Ein Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag wurde mit 98,32 Euro festgesetzt.
Unter der Überschrift “Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten„ wird ausgeführt:
“… Der Anspruch auf Beitragszuschuss für die freiwillige oder private Krankenversicherung entfällt mit der Aufgabe oder dem Ruhen dieser Krankenversicherung und bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns jede Änderung des Krankenversicherungsversicherungsverhältnisses und jede Änderung der Beitragshöhe unverzüglich mitzuteilen. …„
Der Bescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten d...