Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem Dozenten

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Ist der Lehrplan für einen Dozenten an einer Berufsfachschule vorbestimmt, ist dieser in den Schulbetrieb seines Auftraggebers eingegliedert, wirkt er an den staatlichen Prüfungsaufgaben mit, bezieht er ein festes stündliches Honorar für seinen Unterricht und entspricht die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden einer Vollbeschäftigung, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 05.05.2020; Aktenzeichen B 12 KR 82/19 B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Beigeladenen haben jedoch für ihre außergerichtlichen Kosten selbst aufzukommen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht der Sache nach primär der versicherungsrechtlich Status der Beigeladenen zu 1. (nachfolgende nur noch: „die Beigeladene“) in ihrer Tätigkeit als Dozentin im Rahmen der Ausbildung von Logopäden für die Klägerin in der Zeit vom 1. Oktober 2011 bis zum 29. Februar 2012.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die I-Gesellschaft mbH in S war im streitgegenständlichen Zeitraum eine gemeinnützige GmbH, ebenso wie heute die Klägerin. Sie führt bundesweit eine große Anzahl von privaten Ausbildungseinrichtungen, an denen sie Aus-, Fort- und Weiterbildungen in Berufen des Sozial- und Gesundheitswesen anbietet. Ihr satzungsmäßiger Sitz ist in B.

Sie betrieb und betreibt u.a. in A als privater Träger eine als Ersatzschule anerkannte Berufsfachschule für Logopädie, die IA.

Die in der Berufsfachschule der Klägerin tätigen Dozentinnen und Dozenten sind teilweise auf der Grundlage von Arbeitsverträgen angestellt und teilweise auf der Grundlage von Honorarverträgen auf vertraglich selbständiger Basis tätig. Bei ihren in Vollzeit angestellten Dozenten geht die Klägerin im Rahmen ihrer internen Kalkulation üblicherweise von einer Lehrverpflichtung von 32 Unterrichtsstunden pro Woche zu je 45 Minuten aus.

Die Ausbildung zum Logopäden bzw. zur Logopädin erfolgt in Bayern auf Grundlage der Ausbildungs- und Prüfungsordnung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 1. Oktober 1980 (BGBl I Seite 1892), zuletzt geändert durch Art. 17 des Gesetzes vom 18. April 2016 (BGBl I Seite 886) sowie der vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus herausgegebenen Lehrpläne für die Berufungsfachschule für Logopädie.

Die Beigeladene ist 1977 geboren, akademische Logopädin und war von März 2009 bis August 2011 als Dozentin an der Berufsfachschule für Logopädie der Klägerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden (75 %) angestellt. Sie kündigte das Anstellungsverhältnis aufgrund eines familiär bedingten Umzuges nach M. Im September 2011 bezog sie Arbeitslosengeld I.

In der Zeit vom 1. Oktober 2011 bis zum 29. Februar 2012 war sie in der genannten Bildungseinrichtung der Klägerin tätig. Grundlage war ein „Freier Mitarbeitervertrag“ vom 27. September 2011, auf den ergänzend verwiesen wird. Vereinbart war dort eine Tätigkeit als Dozentin im Fachbereich Logopädie mit der Arbeit „Unterricht in der Berufsfachschule laut Lehrplan“ mit einem Umfang von wöchentlich 18 Stunden.

Die Beigeladene war tatsächlich in den Monaten September 2011 und Dezember 2011 nicht tätig, im Oktober 2011 im Umfang von 36 Stunden (Honorar: 1.116 €), im November 2011 16 Stunden (496 €), im Januar 2012 und Februar 2012 jeweils18 Stunden (558 €).Sie unterrichtete dabei ausschließlich das Fach Aphasiologie.

Am 27. Oktober 2011 stellten die Klägerin und die Beigeladene einen Statusfeststellungsantrag. Auf entsprechende Anfrage der Beklagten gab die Beigeladene im Verwaltungsverfahren an, die Gesamtheit der Schüler im Unter-, Mittel- und Oberkurs zu unterrichten. Das Honorar sei von der Klägerin festgelegt. Nebenpflichten habe sie keine zu erfüllen gehabt. Die Auftraggeberin habe Fachliteratur und Therapiematerialien zur Verfügung gestellt. Die Frage nach Teambesprechungen und Verpflichtung zur Teilnahme an schulischen Veranstaltungen hat die Beigeladene verneint. Der Unterschied zu ihrer vorigen Festanstellung habe primär darin gelegen, dass sie als Angestellte nicht nur unterrichtet habe, sondern auch für administrative Aufgaben wie die Klassenleitung, Organisation von Prüfungen und der Entwicklung curricularer Projekte zuständig gewesen sei. Als Honorardozentin habe sie ausschließlich unterrichtet.

Die Beklagte s...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Kranken- und Pflegeversicherungs Office enthalten. Sie wollen mehr?