Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer Erstreckung der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Auf der Grundlage von § 6 Abs. 5 S. 2 SGB 6 kann keine eigenständige neue oder weitere Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung erteilt werden. Vielmehr knüpft die Rechtsfolge dieser Norm an eine bereits aufgrund von § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 SGB 6 erteilte Befreiung an.

2. Eine ohne tatsächlichen Anknüpfungspunkt erteilte Befreiung von der Rentenversicherungspflicht kann nicht auf eine andere berufsspezifische Tätigkeit erstreckt werden (BSG Beschluss vom 7. 3. 2018, B 5 RE 1/18 R). Infolgedessen kann sich der Versicherte auf Vertrauensschutz im Hinblick auf einen zuvor rechtswidrig begünstigend erteilten Erstreckungsbescheid nicht berufen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juni 2017 aufgehoben und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Kosten sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstreckung einer Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht nach § 6 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Der Kläger wurde im Januar 2008 als Rechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskammer des Landes H zugelassen und rückwirkend bis 2004 beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte H versichert.

Am 25. Februar 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und gab dabei an, er sei Sozialleistungsbezieher. Dem Antrag lag ein Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit F vom 24. Januar 2008 bei, wonach der Kläger seit dem 3. Dezember 2007 Arbeitslosengeld erhalte. Mit Bescheid vom 1. April 2008 befreite die Beklagte den Kläger von der Rentenversicherungspflicht bezogen auf eine Tätigkeit als Rechtsanwalt mit Beginn ab dem 3. Dezember 2007. Die Befreiung wirke ab Beginn der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk und der Berufskammer am 10. Januar 2008. Sie gelte ausdrücklich „für die oben genannte und weitere berufsspezifische Beschäftigung/Tätigkeiten, solange hierfür eine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungsreinrichtung unter Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in der Berufskammer besteht und solange Versorgungsabgaben bzw. Beiträge in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen wären“. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Bescheides wird auf Blatt 19 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Am 12. Oktober 2009 beantragte der Kläger die Befreiung von der Versicherungspflicht für eine angestellte berufsspezifische Beschäftigung als Referent im Auswärtigen Amt, die auf zwei Jahre befristet war. Er gab dabei an, seit dem 6. Juli 2009 beim Auswärtigen Amt als Referent angestellt zu sein, den Beruf als Rechtsanwalt für die Dauer der Befristung nicht auszuüben und nach dem Ende der befristeten Tätigkeit wieder aufnehmen zu wollen. Mit Schreiben vom 5. November 2009 teilte die Beklagte mit, dass sich die ihm erteilte Befreiung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auf die berufsfremde, befristete Tätigkeit als Referent beim Auswärtigen Amt vom 6. Juli 2009 bis 5. Juli 2011 erstrecke.

Vom 6. Juli 2011 bis 26. Juli 2011 war der Kläger nach eigenen Angaben als selbstständiger Rechtsanwalt tätig.

Am 30. Juli 2011 beantragte der Kläger unter Vorlage eines neuen Arbeitsvertrages mit dem Auswärtigen Amt eine erneute Befreiung von der Versicherungspflicht für eine weitere angestellte berufsspezifische Beschäftigung als Referent im Auswärtigen Amt vom 26. Juli 2011 bis 30. April 2012. Mit Schreiben vom 22. September 2011 teilte die Beklagte mit, dass sich die ihm erteilte Befreiung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auf die berufsfremde befristete Tätigkeit als Referent im Auswärtigen Amt vom 26. Juli 2011 bis 30. April 2012 erstrecke.

Vom 1. Mai 2012 bis 30. Juni 2014 war der Kläger nach eigenen Angaben wieder als selbstständiger Rechtsanwalt tätig.

Am 2. Juli 2014 stellte der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt weiterhin Mitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte war, unter Vorlage des neuen Arbeitsvertrages einen erneuten Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht. Er begehrte die Befreiung für eine angestellte berufsspezifische Beschäftigung als Leitungsreferent der Senatsverwaltung für Finanzen des Landes Berlin für die Zeit vom 1. Juli 2014 bis vier Monate nach Ende der 17. Wahlperiode des Berliner Abgeordnetenhauses.

Mit Bescheid vom 3. November lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht ab. Zur Begründung führte sie aus, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts komme die Erstreckung einer Befreiung nur in Betracht, solange noch eine wirksame Befreiung vorliege. Eine erstmalige bzw. ausschließliche Befreiung für eine berufsfremde Beschäftigung, wie sie hier v...

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