Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. einheitlicher Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen. keine Genehmigungspflicht für die Erbringung und Abrechnung von Aphereseleistungen. Ausschluss. Facharzt für Transfusionsmedizin. unzulässige Berufsausübungsregelung iS von Art 12 Abs 1 GG
Leitsatz (amtlich)
Nur Nephrologen die fachliche Befähigung für die Erbringung von Aphereseleistungen zuzusprechen, ist verfassungswidrig. Nach dem ärztlichen Weiterbildungsrecht umfasst auch das Fachgebiet des Transfusionsmediziners die Erbringung von Aphereseleistungen. Ihn davon auszuschließen, verletzt seinen Zulassungsstaus und damit Art 12 Abs 1 GG.
Orientierungssatz
Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (juris: EBM-Ä) statuiert für sich genommen keine Genehmigungspflicht für die Erbringung und Abrechnung von Aphereseleistungen der Gebührenordnungspositionen 13620ff.
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. November 2008 und der Bescheid der Beklagten vom 1. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 werden aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine Genehmigung für die Durchführung und Abrechnung von Apheresen nach EBM-Nummern
13620 und 13621 zu erteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Aphereseleistungen .
Der Kläger ist Facharzt für Innere Medizin (Schwerpunkt Angiologie ), für Transfusionsmedizin und für Laboratoriumsmedizin mit den Zusatzbezeichnungen Sportmedizin und Phlebologie . Er war bis 2009 Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin der C. Vom 1. Juli 1994 bis zum 30. Juni 2008 nahm er im Rahmen einer wiederholt erteilten, jeweils auf zwei Jahre befristeten Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Seit dem 1. Juli 2008 besitzt er eine vertragsärztliche Zulassung als Facharzt für Transfusionsmedizin und für Laboratoriumsmedizin , zunächst bis 31. März 2010 mit hälftigem, seither mit vollem Versorgungsauftrag. Seit dem 1. April 2010 hat er seinen Vertragsarztsitz in das MVZ H, Zentrum für Blutgerinnungskrankheiten, eingebracht.
Im Mai 2005 und Juli beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm eine Genehmigung für die Durchführung und Abrechnung von Apheresen nach EBM-Nummern 13620 (ärztliche Betreuung bei LDL-Apherese ) und 13621 (ärztliche Betreuung bei einer Apherese bei rheumatoider Arthritis) zu erteilen.
Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. August 2005, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 14. März 2006, ab. Der Kläger habe seine fachliche Befähigung nicht nachgewiesen, die zwingend die Berechtigung zum Führen der Schwerpunktbezeichnung “Nephrologie„ erfordere.
Mit Urteil vom 12. November 2008 hat das Sozialgericht Berlin die hiergegen erhobene Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zu Recht verlange die Beklagte für die Erteilung der begehrten Abrechnungsgenehmigung angesichts der heranzuziehenden Regelungen die beim Kläger nicht vorhandene Schwerpunktbezeichnung “Nephrologie„. Vertrauensschutz genieße er nicht. Zwar habe er bis zur Einführung der EBM-Nummern 796 (später 13620) und 797 (später 13621) in den Jahren 2002 bzw. 2003 Apheresen durchführen und abrechnen dürfen, doch habe sich seine Ermächtigung nie auf den dort beschriebenen Leistungsinhalt bezogen.
Gegen das ihm am 27. November 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. Dezember 2008 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorgebracht hat, seine fachliche Befähigung für die Durchführung von Apheresen könne nicht bestritten werden. Diese stellten einen Kernbereich seines Fachgebiets als Transfusionsmediziner dar. An Krankenhäusern würden Apheresen ohnehin nur von Transfusionsmedizinern erbracht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. November 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Genehmigung für die Durchführung und Abrechnung von Apheresen nach EBM-Nummern 13620 und 13621 zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend vor: Die Apherese sei ausschließlich dem Schwerpunkt “Nephrologie„ des Gebiets “Innere Medizin„ zugeordnet. Die Regelungen zur Qualitätssicherung sähen nicht vor, anderen Facharztgruppen eine Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Apheresen zu erteilen. Selbst wenn die Weiterbildung zum Facharzt für Transfusionsmedizin die präparative und therapeutische Hämapherese aufführe, folge hieraus kein Anspruch des Klägers auf die begehrte Abrechnungsgenehmigung. Es sei nicht zu beanstanden, dass die LDL-Apherese und die Immunapherese bei rheumatoider Arthritis in den Regelungen zur Qualitätss...