Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung

 

Orientierungssatz

1. Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB 2 werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

2. Qualifizierte Mietspiegel können ebenso wie einfache Mietspiegel Grundlage der Referenzmiete nach § 22 Abs. 1 SGB 2 sein.

3. Kann ein schlüssiges Konzept für den festgelegten Vergleichsraum nicht erarbeitet werden, so ist ein Rückgriff auf die Werte des WoGG zulässig.

4. Hierbei ist auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle zurückzugreifen und ein Sicherheitszuschlag von 10 % einzubeziehen.

5. Von unangemessen hohen Heizkosten ist dann auszugehen, wenn bestimmte Grenzwerte überschritten werden, die den von der CO2online GmbH zusammen mit dem Deutschen Mieterbund erstellten Heizspiegeln zu entnehmen sind.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. April 2015 geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger als weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Änderung des Bescheides vom 22. März 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2012 für die Zeit vom 1. April 2012 bis 30. April 2012 71,30 Euro, vom 1. Mai 2012 bis 31. Juli 2012 66,05 Euro monatlich und vom 1. August 2012 bis 30. September 2012 57,80 Euro monatlich, unter Änderung des Bescheides vom 26. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 3. April 2013 und vom 14. November 2014 für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2012 57,80 Euro monatlich und vom 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 48,80 Euro monatlich sowie unter Änderung des Bescheides vom 3. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 11. Oktober 2013 und vom 14. November 2014 für die Zeit vom 1. April 2013 bis 31. Juli 2013 44,30 Euro monatlich und vom 1. August 2013 bis 30. September 2013 22,80 Euro monatlich zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in Höhe von 68/100 zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Gewährung der tatsächlichen Bedarfe für Unterkunft und Heizung als Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. April 2012 bis 30. September 2013.

Der im Februar 1954 geborene Kläger bewohnt eine 57,85 m² große mit Zentralheizung ausgestattete Wohnung in einem Gebäude mit einer Gesamtwohnfläche von 22.785,04 m² in der Rstraße in B. Die monatliche Gesamtmiete betrug

ab 1. November 2009 435,09 Euro (288,09 Euro Netto-Kaltmiete, 45 Euro Vorauszahlung Heizung, 102 Euro Vorauszahlung Betriebskosten),

ab 1. Oktober 2010 449,09 Euro (288,09 Euro Netto-Kaltmiete, 51 Euro Vorauszahlung Heizung, 110 Euro Vorauszahlung Betriebskosten),

ab 1. September 2011 470,50 Euro (309,50 Euro Netto-Kaltmiete, 51 Euro Vorauszahlung Heizung, 110 Euro Vorauszahlung Betriebskosten),

ab 1. November 2011 479,50 Euro (309,50 Euro Netto-Kaltmiete, 63 Euro Vorauszahlung Heizung, 107 Euro Vorauszahlung Betriebskosten),

ab 1. August 2012 470,50 Euro (309,50 Euro Netto-Kaltmiete, 53 Euro Vorauszahlung Heizung, 108 Euro Vorauszahlung Betriebskosten).

Die Wohnung hat zur Warmwassererzeugung einen Gasdurchlauferhitzer, deren Kosten der Kläger gesondert neben der Gesamtmiete zu tragen hat.

Mit Schreiben vom 24. Februar 2010 hatte der Beklagte den Kläger darauf hingewiesen, dass nach den Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 SGB II vom 10. Februar 2009 (AV-Wohnen) die angemessene Bruttowarmmiete für einen Einpersonenhaushalt 378 Euro betrage. Die derzeitige Bruttowarmmiete von 435,09 Euro übersteige diesen Wert und sei daher nicht mehr angemessen. Der Beklagte übermittelte dem Kläger zur Beurteilung einer Kostensenkungsmöglichkeit einen Fragebogen.

Mit Schreiben vom 21. April 2010 hatte der Beklagte seinen Hinweis wiederholt, wonach die derzeitige Bruttowarmmiete des Klägers von 345,09 Euro nicht angemessen sei. Der Kläger war aufgefordert worden, seine Unterkunftskosten bis zum 25. August 2010 auf das genannte angemessene Maß zu senken. Ab 1. Oktober 2010 würden bei der Berechnung der Leistungen Kosten der Unterkunft nur noch in Höhe von 378 Euro berücksichtigt.

Mit Schreiben vom 19. August 2010 hatte der Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass aufgrund der von diesem angegebenen Ausnahme- oder Härtefallgründe die Kosten der Unterkunft bis auf weiteres, längstens jedoch für die Dauer von 12 Monaten (also bis 1. September 2011) weiter gewährt würden.

Mit Bescheid vom 27. Juli 2011 hatte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012 in Höhe von 742 Euro monatlich (364 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 378 Euro für Unterkunft...

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