Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlungsanspruch. Höhe. Rente. Anrechnung. Verletztenrente
Leitsatz (redaktionell)
1. Sowohl die Regelungen zum Zusammentreffen von Leistungen aus der Unfallversicherung und der Rentenversicherung als auch die Sondervorschriften zur Bemessung der Unfallrenten, die für Versicherungsfälle im Beitrittsgebiet vor dem 01.07.1990 gelten, sind verfassungsgemäß.
2. Soweit das Zusammenwirken von Anrechnungsvorschriften in der Rentenversicherung mit den Regelungen über den fiktiven Jahresarbeitsverdienst für die neuen Bundesländer in der Unfallversicherung zu einer Schlechterstellung von “Bestandsunfallrentnern” in den neuen Bundesländern gegenüber solchen in den alten Bundesländern bei vergleichbarem Einkommensniveau führt, ist diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt und verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG.
Normenkette
SGB VI § 93 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
SG Berlin (Urteil vom 30.04.2002; Aktenzeichen S 9 RA 3889/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. April 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, in welchem Umfang die Beklagte als Rentenversicherungsträger den monatlichen Zahlungsansprüchen des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) für Bezugszeiten ab April 1999 für die Rente wegen Berufsunfähigkeit und ab Juli 2001 für die Altersrente für Schwerbehinderte den Einwand entgegenhalten darf, er habe während desselben Zeitraums Anspruch auf eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (UV).
Der 1941 geborene Kläger arbeitete in der DDR als ausgebildeter Gebäudereiniger, ab 1976 war er als Meister im Bereich der Gebäudereinigung tätig. Im Juni 1971 erlitt er einen Arbeitsunfall. Sein Bruttoverdienst im Jahre 1970 betrug 10.468,23 Mark der DDR, der Durchschnittsverdienst in der DDR belief sich in diesem Jahr auf 7.069 Mark. Im Jahr vor dem Unfall (Juni 1970 bis Mai 1971) verdiente der Kläger nach eigenen Angaben unter Hinweis auf eine korrigierte Bescheinigung vom März 1972 12.100,67 Mark. Wegen der Unfallfolgen erhielt er eine Unfallrente nach einem Körperschaden von 45 v.H. ab dem 1. März 1972, die ausgehend von dem in der UV der DDR versicherten monatlichen Verdienst von 600,00 Mark und der Leistung für eine Vollrente in Höhe von 400,00 Mark monatlich 180,00 Mark betrug. Wegen Verschlimmerung der Unfallfolgen wurde die Rente ab dem 1. September 1995 nach einem Grad des Körperschadens von 50 v.H. auf 200,00 Mark monatlich erhöht. Nach der Wiedervereinigung wurde diese Rente als Verletztenrente durch die Bau-Berufsgenossenschaft Frankfurt am Main (im Folgenden: BG) unter Berücksichtigung eines pauschalen Jahresarbeitsverdienstes von 13.680,00 DM im Jahr 1990 und eines Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 v.H. weitergewährt. In Abhängigkeit vom Jahresarbeitsverdienst, der der Verletztenrente zu Grunde lag und nach der Dynamisierung entsprechend dem aktuellen Rentenwert Ost (§ 1153 der Reichsversicherungsordnung [RVO]) entwickelte sich die Verletztenrente des Klägers wie folgt:
Zeitraum |
Jahresarbeitsverdienst |
Dynamisierung |
Verletztenrente des Klägers |
|
|
|
(MdE von 50, Zahlbetrag) |
ab 1/91 |
15.732,00 DM |
15,00 % |
437,00 DM |
ab 7/91 |
18.091,80 DM |
15,00 % |
503,00 DM |
ab 1/92 |
20.204,18 DM |
11,65 % |
561,30 DM |
ab 7/92 |
22.776,17 DM |
12,73 % |
632,70 DM |
ab 1/93 |
24.165,52 DM |
6,10 % |
671,30 DM |
ab 7/93 |
27.577,69 DM |
14,12 % |
766,10 DM |
ab 1/94 |
28.581,52 DM |
3,64 % |
794,00 DM |
ab 7/94 |
29.567,58 DM |
3,45 % |
821,40 DM |
ab 1/95 |
30.389,56 DM |
2,78 % |
844,20 DM |
ab 7/95 |
31.173,61 DM |
2,58 % |
866,00 DM |
ab 1/96 |
32.526,54 DM |
4,34 % |
903,60 DM |
ab 7/96 |
32.734,71 DM |
0,64 % |
909,30 DM |
ab 7/97 |
34.459,83 DM |
5,27 % |
957,22 DM |
ab 7/98 |
34.621,79 DM |
0,47 % |
961,72 DM |
ab 7/99 |
35.515,03 DM |
2,58 % |
986,53 DM |
ab 7/00 |
35.728,12 DM |
6,00 % |
992,45 DM |
ab 7/01 |
36.481,98 DM |
2,11 % |
1.013,39 DM |
ab 7/02 |
19.192,07 Euro |
2,89 % |
533,11 Euro |
Mit Bescheid vom 10. August 1999 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 1. April 1999. Wegen des Zusammentreffens mit der Verletztenrente minderte sie den monatlichen Zahlbetrag der Rente aus der RV unter Berücksichtigung des Grenzbetrages nach § 93 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI). Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch wandte sich der Kläger aus unterschiedlichen Gründen gegen die Berechnungen sowohl des Stammrechts als auch des Anrechnungsbetrages wegen des Zusammentreffens mit der Verletztenrente. Die Beklagte half dem Widerspruch teilweise mit Bescheiden vom 12. November 1999 und vom 29. März 2000 ab.
Auf Grund der Verletztenrente reduzierte sie jedoch weiterhin die Rente wegen Berufsunfähigkeit von Anfang an, also ab dem 1. April 1999. Dabei errechnete sie zunächst den monatlichen Wert der Rente ausgehend von persönlichen Ent...