Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherungsträger. Kostenübernahme. stationäre Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer in Israel. Verzinsung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Kostenübernahme einer durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer in Israel durch den Rentenversicherungsträger.

2. Das Deutsche Medizinische Zentrum (DMZ) am Toten Meer in Israel ist als grundsätzlich geeignet zur Erbringung stationärer medizinischer Rehaleistungen iS des § 18 SGB 9 anzusehen (so auch LSG München vom 25.6.2013 - L 6 R 921/11).

3. Der Anspruch auf Gewährung medizinischer Rehaleistungen im Ausland ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen eine konkrete medizinische Behandlungsmaßnahme im EU/EWR-Inland überhaupt nicht zu erlangen ist. Dieser kann auch dann bestehen, wenn mit der im EU/EWR-Ausland praktizierten Methode ein qualitativer Vorrang gegenüber den im EU/EWR-Inland angewandten Methoden gebührt (vgl BSG vom 6.3.2012 - B 1 KR 17/11 R = SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 27).

4. Der Kostenerstattungsanspruch ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Rentenversicherungsträger mit dem DMZ in Israel keinen Leistungserbringervertrag iS des § 21 SGB 9 abgeschlossen hat.

5. Aus § 15 Abs 1 S 4 SGB 9 ergibt sich ein Anspruch auf Verzinsung der Erstattungsforderung als Teil der notwendigen Beschaffungskosten (vgl BSG vom 11.9.2012 - B 1 KR 3/12 R = BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23, RdNr 43). Diese Regelung geht hier der allgemeinen Zinsregelung des § 44 SGB 1 vor.

 

Tenor

1. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland wird in Ziffer 1 des Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:

„Der Bescheid der Beklagten vom 03.02.2015 in der Fassung des (Teil)Abhilfebescheides vom 03.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2015 wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten für die in der Zeit vom 03.05.2016 bis 31.05.2016 durchgeführte medizinische Rehabilitation am Toten Meer in Israel in Höhe von 5.540,-- EUR nebst 5,99% Zinsen hieraus seit dem 15.04.2016 zu erstatten.“

2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte anstatt einer stationären medizinischen Rehamaßnahme auf Borkum dem Kläger eine solche am Toten Meer in Israel bewilligen und nach selbstbeschaffter Durchführung der Maßnahme die hierfür entstanden Kosten i.H.v. 5.540,-- EUR nebst Zinsen erstatten muss.

Der am 09.11.1960 geborene Kläger arbeitete als Bergmann, Montagearbeiter, Berufskraftfahrer und seit 1998 als Busfahrer bei der Sa.-bahn GmbH im Personenverkehr. Nach Auftreten von Hautveränderungen im Jahr 1998 wurde bei ihm eine Psoriasis-Erkrankung diagnostiziert, aufgrund derer er im Jahr 2001 in Bad Bentheim für 6 Wochen eine Rehamaßnahme durchlief. Anschließend fanden 2002, 2004, 2005, 2006, 2007 und 2008 Klimaheilbehandlungen am Toten Meer statt, die dem Kläger von seiner damaligen Krankenversicherung (...) gewährt wurden.

Nachdem vorangegangene Anträge negativ beschieden wurden, bewilligte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Rehamaßnahme, die vom 08.05. bis 05.06.2012 im Fachklinikum Borkum durchgeführt wurde. In dem hierüber erstellten Reha-Entlassungsbericht vom 05.06.2012 ist u.a. ausgeführt, der Kläger könne seine letzte Tätigkeit als Busfahrer und ansonsten leichte bis mittelschwere Tätigkeiten 6 Stunden und mehr verrichten. Die Entlassung erfolge als arbeitsfähig. In den Jahren 2013 und 2014 absolvierte der Kläger stationäre medizinische Rehamaßnahmen am Toten Meer, die von seiner jetzigen Krankenkasse, der Bu., jeweils für einen Zeitraum von 3 Wochen in Höhe von 117,94 Euro kalendertäglich nebst Fahrtkosten bezuschusst wurden und die der Kläger im Deutschen Medizinischen Zentrum (DMZ) in Israel verbrachte.

Am 22.01.2015 beantragte er bei der Beklagten erneut die Gewährung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation, was die Beklagte nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen - u.a. Entlassungsbericht des DMZ vom 12.06.2014 - mit Bescheid vom 03.02.2015 ablehnte, da seit Ende der letzten Leistung im Jahr 2012 noch keine 4 Jahre vergangen seien (§ 12 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) und dringende gesundheitliche Gründe, die eine vorzeitige Leistung erfordern würden, nicht gegeben seien.

Hiergegen erhob der Kläger am 27.02.2015 Widerspruch, woraufhin die Beklagte den Kläger durch ihren sozialmedizinischen Dienst (SMD) untersuchen ließ. In seinem hierüber erstellten Gutachten vom 09.04.2015 (Dr. Ko.) stellte dieser fest, dass ein Reha-Bedarf bestehe.

Parallel zu diesem Verfahren ersuchte der Kläger bereits am 06.02.2015 seine Krankenkasse (Bu.) um die Gewährung einer Reha-Maßnahme am Toten Meer - einen weiteren Antrag vom 16.03.2015 wurde mit Schreiben vom 27.03.2015 an die Beklagte gemäß § 14 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) weitergeleitet. Nach Einholung eines SMD-...

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