Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittelversorgung. Badeprothese mit beweglichem Fußgelenk
Leitsatz (amtlich)
Zum Anspruch einer Versicherten auf Versorgung mit einer Badeprothese mit beweglichem Fußgelenk.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 19.3.2018 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Versorgung mit einer Badeprothese mit beweglichem Fußgelenk.
Die im Jahr 1945 geborene Klägerin ist links unterschenkelamputiert. Am 20.7.2016 beantragte sie unter Beifügung einer ärztlichen Verordnung und eines Kostenvoranschlags die Versorgung mit einer Badeprothese mit wasserfestem Echelon-Prothesenfuß. Zur Begründung führte sie aus, bei der Anfertigung ihrer Badeprothese im Jahr 2014 sei ihr gesagt worden, es gebe keine Fußauswahl. Mit der aktuellen Prothese komme sie nicht zurecht. Seit 2012 habe sie an ihrer Alltagsprothese einen Echelon-Prothesenfuß, der optimal sei. Die Umstellung auf die Badeprothese sei mit großen Schwierigkeiten verbunden; sie falle damit immer wieder hin. Ohne Hilfe ihres Mannes könne sie sich damit im Schwimmbad überhaupt nicht fortbewegen. Da sie nun erfahren habe, dass es einen wasserfesten Echelon-Prothesenfuß gebe, bitte sie um Versorgung mit einer neuen Prothese. Sie plane einen Urlaub mit regelmäßigem Besuch der … Therme.
Die Beklagte schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein und teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 28.7.2016 mit. Der MDK kam am 2.8.2016 zu der Einschätzung, dass der Anspruch eines beinamputierten Versicherten auf Versorgung mit einer Badeprothese durch die Bereitstellung einer normalen (süßwasserfesten) Prothese einfacher Bauart in Schalenbauweise erfüllt werde. Das Funktionsdefizit einer Alltagsprothese sei dadurch im häuslichen Nassbereich vollständig und im außerhäuslichen Bereich im Wesentlichen erfüllt, weil es den Aufenthalt in herkömmlichen Schwimmbädern ermögliche. Die Klägerin sei im Juni 2014 mit einer solchen Prothese versorgt worden. In den zwei zurückliegenden Jahren habe die Klägerin die stark eingeschränkte oder unmögliche Nutzung dieser Badeprothese nicht beklagt. Reparaturen an der Prothese seien nicht beantragt worden. Die Begründung für die begehrte Versorgung sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht schlüssig.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15.8.2016 ab und bezog sich zur Begründung auf die Stellungnahme des MDK.
Die Klägerin legte am 18.8.2016 Widerspruch ein. Die vorhandene Badeprothese stelle keine ausreichende Versorgung dar.
Die Beklagte holte erneut eine Stellungnahme beim MDK ein. Der MDK erstellte am 21.9.2016 eine Stellungnahme nach Aktenlage. Er führte aus, grundsätzlich sei aus sozialmedizinischer und technischer Sicht die Notwendigkeit der Versorgung mit der Alltagsprothese mit Echelon-Fußsystem unstrittig. Hinsichtlich des vorliegenden Mobilitätsgrades und Befundes sei diese Versorgung auch weiterhin zu bestätigen. Nach BSG-Rechtsprechung treffe jedoch die Vorbeurteilung zur neu beantragten Prothese vom 2.8.2016 weiterhin vollständig zu. Demnach sei eine einfache Ausführung der Badeprothese zur sicheren Fortbewegung im Nassbereich ausreichend und zweckmäßig. Der Einsatz sei auf diesen Bereich begrenzt und nicht mit einer Alltagsprothese zu vergleichen. Dies betreffe folgende Verrichtungen: Das Erreichen des Beckenrandes etwa im Schwimmbad und Anwendung der Prothese beim häuslichen Duschen. Es sei davon auszugehen, dass bei gut angepassten handwerklich lotrechtem Prothesenaufbau der Badeprothese diese Grundbedürfnisse mit ausreichender Sicherheit getätigt werden könnten. Aus der von der Klägerin vorgelegten Videodokumentation ließen sich keine signifikanten Mängel erkennen. Die simulierten Gehübungen seien zur Beurteilung der Neuversorgung mit einer Badeprothese nicht relevant. Die Klägerin sei mit der vorhandenen Badeprothese ausreichend versorgt.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Bescheid vom 9.11.2016 zurück.
Sie führte aus, die gewünschte Badeprothese komme nur im Rahmen des unmittelbaren Behinderungsausgleichs in Betracht, denn eine Beinprothese stelle sich grundsätzlich als Körperersatzstück nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V dar und diene dem unmittelbaren Ersatz des fehlenden Körperteils und dessen ausgefallener Funktion. So habe das BSG bereits entschieden, dass mit der Beinprothese ein möglichst sicheres gefahrloses Gehen und Stehen ermöglicht werde. Hierbei sei der technische und medizinische Fortschritt zu berücksichtigen, um in Alltagssituationen die ausgefallene Position des Beines weitest möglich ersetzen zu können. Es sei jedoch darauf hinzuweisen, dass auf das Schwimmen als Freizeitbetätigung nicht abgestellt werden könne. Mit der begehrten Badeprothese sei es beispielsweise auch möglich, wassersportlichen Aktivitäten nachzugehe...