Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. stationäre Mutter-Kind-Maßnahme. mütterspezifische Belastung. kein Eintritt der Genehmigungsfiktion beim Unterbleiben der Unterrichtung über die Erforderlichkeit einer gutachtlichen Stellungnahme
Leitsatz (amtlich)
Eine Krankenkasse hat zwar nach § 13 Abs 3a S 2 SGB 5 die Leistungsberechtigten darüber zu unterrichten, wenn sie eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält. Ein Unterbleiben dieser Unterrichtung führt jedoch nicht zur Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a S 6 SGB 5.
Orientierungssatz
Die Vorsorgemaßnahmen gemäß § 24 SGB 5 dienen der Minderung solcher Belastungen, die in wesentlicher Hinsicht aus der Stellung der Versicherten als Mutter eines oder mehrerer Kinder verursacht wurden oder aufrechterhalten werden (vgl LSG Potsdam vom 24.9.2013 - L 9 KR 312/12 B ER und SG Dortmund vom 25.1.2013 - S 40 KR 776/11.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 04.03.2015 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kläger Anspruch auf die Bewilligung einer Mutter-Kind-Maßnahme haben.
Die Klägerin ist 1980, der Kläger, ihr Sohn, 2006 geboren. Die Kurberatung Deutschland (KBD UG) aus Schw. beantragte unter dem 13.05.2014 für die Kläger bei der Beklagten, ihrer Krankenversicherung, die Bewilligung einer Vorsorgemaßnahme nach § 24 SGB V als Mutter-Kind-Maßnahme. In den beigefügten Formblättern ist unter anderem - ärztlich bestätigt - erwähnt, die Klägerin sei Leitungskraft einer Kindertagesstätte in voller Stelle, leide unter Müdigkeit, Stimmungsschwankungen und Gereiztheit, sei übergewichtig wegen zu wenig Bewegung und des Essverhaltens. Der Kläger leide ebenfalls unter Adipositas sowie unter Neurodermitis.
Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) nahm im Rahmen einer sozialmedizinischen Fallberatung (SFB) am 03.06.2014 dahin Stellung, eine Indikation für eine Mutter-Kind-Vorsorgemaßnahme nach § 24 SGB V sei nicht gegeben, es liege keine psychosoziale Belastungssituation vor. Daraufhin beschied die Beklagte die Kläger am 04.06.2014 dahin, dass gutachtlich keine eindeutige Indikation für die beantragte Vorsorgemaßnahme festgestellt werden könne. Eine mütterspezifische Situation, welche eine komplexe stationäre Kur in einer Mutter-Kind-Einrichtung erfordere, sei nicht zu erkennen.
Die Kläger erhoben unter dem 13.6.2014 ohne Begründung Widerspruch.
Am 09.07.2014 haben die Kläger beim Sozialgericht für das Saarland (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Bewilligung einer stationären Vorsorgemaßnahme nach § 24 SGB V gestellt. Den Anordnungsanspruch haben die Kläger im Wesentlichen damit begründet, Erkrankungen und Kontextfaktoren lägen vor, die nach der einschlägigen Begutachtungsrichtlinie Vorsorge und Rehabilitation vom Oktober 2005 die Bewilligung der Kur zwingend indizierten. Außerdem greife die Bewilligungsfiktion des § 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V; der Antrag sei am 13.05.2014 eingegangen und die dreiwöchige Bescheidungsspanne sei am 03.06.2014 ausgelaufen. Da eine Mitteilung darüber, eine Stellungnahme des MDK werde eingeholt, nicht getätigt worden sei, gelte die beantragte Leistung als genehmigt.
Auf Hinweis des SG, der MDK habe die Erforderlichkeit einer sozialmedizinischen Begutachtung zur abschließenden Stellungnahme gesehen, erstellte der MDK am 23.07.2014 ein sozialmedizinisches Gutachten. Im Wesentlichen ist ausgeführt, dass die Klägerin in ihrer Selbstauskunft weitaus weniger Gesundheitsstörungen angegeben habe als der Bevollmächtigte in seinem Antragsschriftsatz. Unter Beachtung der Begutachtungsrichtlinie Vorsorge und Rehabilitation sowie der Umsetzungsempfehlungen des GKV-Spitzenverbandes, der Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene und des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) in Zusammenhang mit Anträgen auf Leistungen zur medizinischen Vorsorge und Rehabilitation für Mütter und Väter erfolge die Begutachtung in Form eines Algorithmus. Auf der 1. Stufe sei zu erwähnen, dass entsprechende Gesundheitsprobleme vorlägen in Form eines psychovegetativen Erschöpfungssyndroms, Rückenschmerzen und einer Adipositas. Die weiteren Voraussetzungen der Vorsorgebedürftigkeit fehlten aber, da ein über die vertragsärztliche Versorgung einschließlich ergänzender Angebote hinausgehender komplexer Behandlungsansatz nicht erforderlich sei. Ein vertragsärztlicher Behandlungsansatz sei ausreichend. Das psychovegetative Erschöpfungssyndrom könne psychiatrisch oder psychotherapeutisch behandelt werden, die Rückenschmerzen seien einer umfangreichen Behandlungsmöglichkeit zugänglich und bei Adipositas sei eine Ernährungsumstellung nach einer Ernährungsberatung umzusetzen. Die geringen Gesundheitsprobleme benötigten keine Komplexleistung, ein mehrdimensionaler Behandlungsansatz sei nicht notwendig. Im Üb...