Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem für eine Filmproduktion tätigen Cutter bzw. Editor
Orientierungssatz
1. Ist ein für eine Filmproduktionsgesellschaft tätiger Cutter bzw. Editor weisungsfrei gegenüber seinem Auftraggeber und nicht in dessen betriebliche Organisation eingegliedert, ist er hinsichtlich seines Arbeitsortes frei und trägt er das unternehmerische Risiko seiner Tätigkeit, bezieht er eine arbeitstäglich vereinbarte Nettovergütung von 550,- €. und tritt er selbst werbend am Arbeitsmarkt auf und ist er für weitere Auftraggeber tätig, so ist von dem Bestehen einer selbständigen Tätigkeit auszugehen.
2. Dem widerspricht nicht die höchstpersönlich zu erbringende Arbeitsleistung sowie die kostenfreie Nutzung von Arbeitsräumen seines Auftraggebers.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. April 2019 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte erstattet dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung seines Status als Pflichtversicherter im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1.
Der am xxxxx 1978 geborene Kläger ist Cutter/Editor und war im Zeitraum 10. Februar 2014 bis 18. Februar 2014 von der Beigeladenen zu 1. - einer Filmproduktionsgesellschaft - als Editor mit dem Schnitt von Werbefilmen für Fernsehen und Internet für einen ihrer Kunden („A.“) im Rahmen des Werbefilmprojekts „P.“ beauftragt. Hierfür stellte er der Beigeladenen zu 1. einen Betrag von 5.890,50 EUR in Rechnung (Bl. 41 der Verwaltungsakte der Beklagten). Für die erbrachten Leistungen berechne er gemäß der Vereinbarung neun (Netto-)Tagessätze à 550,00 EUR.
Am 4. Dezember 2014 beantragten der Kläger und die Beigeladene zu 1. bei der Beklagten festzustellen, dass eine Beschäftigung nicht vorliege (Bl. 1 ff. der Verwaltungsakte der Beklagten). Der Kläger führte aus, er sei bei der Beigeladenen zu 4. gesetzlich krankenversichert gewesen. Für den Zeitraum 1. September 2013 bis 28. Februar 2014 habe er einen Gründungszuschuss von der Beigeladenen zu 2. bezogen. Er sei für mehrere Auftraggeber tätig, u.a. n., S. sowie weitere. Das regelmäßige Arbeitsentgelt übersteige nicht die Jahresarbeitsentgeltgrenze für das Jahr 2014. Zum streitgegenständlichen Auftragsverhältnis führte er aus, der eigenschöpferische Teil seiner Tätigkeit beinhalte die Bestimmung von Rhythmus, Timing und Geschwindigkeit, Kreation der Stimmung sowie eines Stils der Bilder. Es bestehe keinerlei Verpflichtung, einen Nachweis über seinen Arbeitseinsatz zu führen. Die Tätigkeit des Cutters werde von ihm selbständig und eigenständig ausgeführt, natürlich auch in fachlicher Abstimmung mit der Regie. Vorbehaltlich zwingender Erfordernisse der Produktion sei er in der Einteilung der Arbeitszeit und der Wahl des Arbeitsorts frei. Anwesenheitspflicht gebe es keine. Die Tätigkeit werde entweder in dem jeweiligen Büro des Auftraggebers ausgeführt oder bei sich zu Hause. Das komme auf Abnahmetermine mit dem Kunden an. Abnahmetermine würden meistens in den Räumlichkeiten des Auftraggebers abgehalten. Es finde absolut keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation statt. Er arbeite als Freelancer und sei zeitlich und räumlich an nichts und niemanden gebunden, außer an Abgabetermine, die der Kunde des Auftraggebers festlege. Für Akquise und weitere Jobs sei er als Auftragnehmer selbst verantwortlich. Hier müsse man seine eigene Homepage haben sowie branchentypische Veranstaltungen besuchen, um den Kontakt zu den Auftraggebern herzustellen. Die Kosten dafür trage er komplett allein. Das unternehmerische Risiko bestehe bzgl. der Kosten, die er selbst trage, wie z.B. für die Erstellung seines Webauftritts, Visitenkarten und Akquisetermine. Des Weiteren habe er seine eigene Technik, mit der er arbeite und die er an seine Auftraggeber mitvermiete. Diese habe er auch anschaffen und mit den Kosten ins unternehmerische Risiko gehen müssen. Seinem Antrag fügte der Kläger von ihm selbst erstellte Rechnungen aus weiteren Projekten in den Jahren 2013 und 2014 bei.
Auf Nachfrage der Beklagten gab er mit E-Mail vom 20. Februar 2015 (Bl. 62 f. der Verwaltungsakte der Beklagten) ergänzend zu seinen Ausführungen im Antragsformular an, dass er der Beigeladenen zu 1. im Zeitraum 10. Februar 2014 bis 18. Februar 2014 erstrangig zur Verfügung gestanden habe. Allerdings habe er in dieser Zeit andere Arbeiten machen können, dies hätte aber aus Timing-Gründen mit dem Produzenten vorher abgestimmt sein müssen. Er arbeite nur auf kreativer Ebene gemeinsam mit dem Regisseur und fachlich mit dem Produzenten. In keiner Weise sei er in den betrieblichen Ablauf der Beigeladenen zu 1. eingegliedert. Es gebe keine festgelegten Absprachen oder Besprechungen zwischen Regie, Produzent und ihm als Editor/Cutter. Es gebe ein festgesetztes Timing von der Produktion, bei dem Abnahme- und Abga...