Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Unfallereignis. ungeklärte Umstände. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. betriebliche Tätigkeit. Verunglückung am Arbeitsplatz. Beweislast des Unfallversicherungsträgers: Unterbrechung der versicherten Tätigkeit. altersbedingte Unsicherheit als innere Ursache. Auffinden einer verletzten 78 jährigen Reinigungskraft an ihrem Arbeitsplatz mit den Putzutensilien. keine Erinnerung an den Unfallhergang. traumatische Gehirnblutung
Orientierungssatz
1. Verunglückt ein Versicherter am Arbeitsplatz unter ungeklärten Umständen, so kommt es hinsichtlich eines bestehenden Unfallversicherungsschutzes auf die Handlungstendenz des Verunglückten an. Verunglückt der Versicherte an einem Ort, an dem er bis zum Unfallzeitpunkt die versicherte Tätigkeit verrichtet hat, spricht alles dafür, dass auch im Unfallzeitpunkt seine Handlungstendenz auf die versicherte Tätigkeit gerichtet war. Der Unfallversicherungsträger muss deshalb zur Verweigerung seiner Leistungspflicht beweisen, dass der Versicherte zum Unfallzeitpunkt die versicherte Tätigkeit für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit unterbrochen hat.
2. Macht der Unfallversicherungsträger eine altersbedingte Unsicherheit als innere Ursache für den Eintritt des Unfallallereignisses geltend, so ist er hierfür beweispflichtig.
Tenor
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in einem Erstattungsverfahren über das Vorliegen eines Arbeitsunfalles.
Die Klägerin ist der zuständige Unfallversicherungsträger, die Beklagte der zuständige Krankenversicherungsträger für die 1939 geborene S. (im Folgenden: Verletzte). Die Verletzte war in der Pfarrkirchengemeinde M. in Kaufering stundenweise als Aushilfsmesnerin beschäftigt, so auch am 5. Mai 2017. Ausweislich der Unfallanzeige vom 9. Mai 2017 wurde die Versicherte am 5. Mai 2017 gegen 8.25 Uhr von der Pfarrsekretärin auf dem Boden sitzend neben dem Sakramentsaltar in der Pfarrkirche M. aufgefunden. Die Pfarrsekretärin erklärte später gegenüber der Beklagten, es habe von 7.30 Uhr bis 8.00 Uhr eine Gebetsstunde gegeben, an deren Schluss eine Kollekte gesammelt worden sei. Um deren Höhe zu erfragen, habe sie die in der Kirche tätige Verletzte aufsuchen wollen. Sie habe diese dann auf dem Boden sitzend, rechts neben dem rechten, mit einer Stufe versehenen Seitenaltar vorgefunden, die Brille auf dem Kopf. Neben ihr habe ein Eimer (leer) und ein (trockener) Wischmob gestanden, im Übrigen aber weder eine Leiter noch ein Stuhl.
Die Verletzte war bei Bewusstsein, schien jedoch ein wenig verwirrt. Sie konnte nicht aufstehen, es wurde vorsorglich ein Rettungsdienst benachrichtigt, der nach ca. 10 Minuten eintraf. Nach dem Durchgangsarztbericht der berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M1 wurden festgestellt: ein traumatisches Subduralhämatom, eine traumatische subarachnoidale Blutung, eine Kalottenfraktur. Es erfolgte eine notfallmäßige operative Versorgung.
Am 6. Juli 2017 teilte die Neurochirurgin Dr. W. der Beklagten telefonisch mit, die Gehirnblutung sei zweifelsohne traumatischer Genese, vermutlich durch einen Sturz; eine innere Ursache habe nicht vorgelegen.
Mit Bescheid vom 21. September 2017 und Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2018 lehnte die Klägerin die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall gegenüber der Verletzten ab. Zur Begründung führte sie aus, die Verletzte sei am 5. Mai 2017 auf dem Boden liegend gefunden worden. Es sei vermutet worden, dass sie als angestellte Mesnerin beim Putzen der Kirche gestürzt sei und sich dabei einen Schädelbruch zugezogen habe. An den Hergang des Sturzes könne sich die Verletzte nicht mehr erinnern. Sie sei neben dem Altar sitzend aufgefunden worden, ein Wischmopp habe neben ihr gelegen. Besondere Betriebsgefahren wie Leitern oder Stufen seien nicht vorhanden gewesen. Es habe nicht abschließend geklärt werden können, wie es zu der Verletzung gekommen sei.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Unfall sowohl objektiv als auch rechtlich wesentlich verursacht haben. Wenn nicht festzustellen sei, welches Geschehen dem Aufprall unmittelbar vorausgegangen sei, welches also letztlich die Gefahr gewesen sei, die zu dem Sturz geführt habe (Ausrutschen, Stolpern, Schwindelanfall usw.), sei nicht gesichert, dass sich durch den Sturz ein Risiko verwirklicht habe, das sich aus der versicherten Tätigkeit ergeben habe. Entscheidend sei die konkrete wahrnehmbare Verrichtung unmittelbar vor dem Unfallereignis. Wenn nicht feststellbar sei, was zuletzt vor dem Sturz gemacht worden sei, sei eine Arbeitsunfallanerkennung nicht möglich. Das BSG fordere den Nachweis, welches konkrete Ereignis zu einem Sturz geführt habe. Dieser sei hier nicht möglich. Weitere Ermittlungsmöglichkeiten stünden nicht zur Verfügung. Somit liege ein Arbeitsunfall n...