Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufskrankheit. Kausalzusammenhang. Carpaltunnelsyndrom
Leitsatz (redaktionell)
Um eine Erkrankung an einem Carpaltunnelsyndrom als Berufskrankheit nach der Nr. 2113 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen, muss ein Kausalzusammenhang vorliegen. Dazu muss der Erkrankungsbeginn in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Exposition stehen. Dies ist nicht der Fall, wenn die Erkrankung erst mehr als drei Jahre nach Beendigung der gefährdenden Tätigkeit festgestellt wird.
Normenkette
SGB VII § 9 Abs. 1; BKV Anlage 1 Nr. 2113
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung einer Berufskrankheit nach der Nr. 2113 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) - Druckschädigung des Nervus medianus im Carpaltunnel (Carpaltunnel-Syndrom) durch repetitive manuelle Tätigkeiten mit Beugung und Streckung der Handgelenke, durch erhöhten Kraftaufwand der Hände oder durch Hand-Arm-Schwingungen.
Der am xxxxx 1969 geborene Kläger ist französischer Staatsangehöriger und war vom 22. Mai 2000 bis zum 7. April 2007 in verschiedenen Unternehmen als Rohrschlosser, Rohrleitungsbauer im Montage- und Demontagebereich sowie als Industriemonteur auf verschiedenen Baustellen tätig. Danach war er als selbständiger Unternehmer in F. tätig.
Im Rahmen der Geltendmachung einer Berufserkrankung Asbestose vor dem Sozialgericht Hamburg beantragte der Kläger im Jahr 2017, seine Erkrankung an einem Carpaltunnelsyndrom als Berufskrankheit nach der Nr. 2113 der Anlage 1 zur BKV festzustellen. Hierfür legte der Kläger einen ärztlichen Bericht des „C. vom 18. August 2010 vor. Die den Kläger wegen Rückenmarkschmerzen behandelnden Ärzte Prof. L., Dr. S. und Frau M. gaben an, dass das Elektroneuromyogramm auf ein beidseitiges Karpaltunnelsyndrom (vor allem links) hinweise. Zudem erklärte der Kläger, dass er seit 2006 Schmerzen in den Handgelenken habe.
Die Präventionsdienste der Beklagten sowie der Berufsgenossenschaft Holz und Metall erklärten in ihren Stellungnahmen zur Arbeitsplatzexposition, dass der Kläger Tätigkeiten verrichtet habe, die geeignet gewesen seien, eine Berufskrankheit nach der Nr. 2113 der Anlage 1 zur BKV zu verursachen. Der Präventionsdienst der Beklagten wies in seiner Stellungnahme vom 10. April 2018 darauf hin, dass bei der Berufskrankheit Nr. 2113 ein enger arbeitskongruenter Verlauf zu fordern sei. Das Auftreten von Beschwerden im Sinne eines Carpaltunnelsyndroms drei Jahre nach Beendigung einer belastenden Tätigkeit widerspreche jedoch der geforderten Arbeitskongruenz.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 28. Juni 2018 die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2113 der Anlage 1 zur BKV ab. Voraussetzung für die Anerkennung einer solchen Berufskrankheit sei eine Druckschädigung des Nervus medianus im Karpaltunnel (Karpaltunnel-Syndrom). Darüber hinaus müsse die Erkrankung durch repetitive manuelle Tätigkeit mit Beugung und Streckung der Handgelenke, durch erhöhten Kraftaufwand der Hände oder durch Hand-Arm-Schwingungen verursacht worden sein. Nach den vorliegenden Arztberichten, insbesondere nach dem Bericht der C. von Prof. Dr. L., Dr. S. und Frau M. vom 18. August 2010 habe aufgrund einer neurologischen Untersuchung ein beidseitiges Carpaltunnelsyndrom vor allem links befundet werden können. Darüber hinaus sei es nach Angaben der Präventionsdienste durch das Arbeiten mit den verschiedenen Werkzeugen und Maschinen in der Mehrzahl der Arbeitsschichten zu Einwirkungen im Sinne der Berufskrankheit Nr. 2113 gekommen. Jedoch liege seit 2007 keine versicherte berufliche Belastung mehr vor. Für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Nr. 2113 werde ein enger arbeitskongruenter Verlauf gefordert. Anhand des Krankheitsverlaufes lasse sich kein Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit herleiten. Gegen einen Zusammenhang spreche insbesondere das Fehlen klinischer krankhafter Befunde im zeitlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit. Die Beschwerden hätten erstmals im Jahre 2010, also drei Jahre nach Beendigung der Einwirkungen im Sinne der Berufskrankheit Nr. 2113 dazu geführt, dass der Kläger einen Arzt aufgesucht habe. Vor 2010 seien keine ärztlichen Behandlungen dokumentiert. In der Zeit, in welcher eine berufliche Gefährdung an einem Carpaltunnelsyndrom zu erkranken vorgelegen habe, seien keine nachgewiesenen und durch Ärzte dokumentierten Beschwerden aufgetreten.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und erklärte, dass sich das Carpaltunnelsyndrom im Rahmen seiner Tätigkeit entwickelt habe. Die durchgeführten Berechnungen der Beklagten im Rahmen der Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition seien unrichtig, da diese lediglich von einer durchschnittlichen Belastung ausgingen. Die übrigen Arbeiten, beispielsweise Demontage der Rohrisolierung, Transporte und die durchgeführten Schweißarbeiten, seien zu Unrecht nicht weiter betrachte...