Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Rentner. freiwilliges Mitglied. Beitragsbemessung nach Mindesteinnahmen. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Die gesetzliche Beitragsbemessung nach Mindesteinnahmen in der freiwilligen Versicherung für Mitglieder, die nur unter dieser Grenze liegende oder überhaupt keine Einkünfte haben, ist mit Verfassungsrecht vereinbar (Anschluss an BSG vom 6.11.1997 - 12 RK 61/96 = SozR 3-2500 § 240 Nr 30 - ständige Rspr und LSG Stuttgart vom 23.8.2005 - L 11 KR 3450/04).

 

Tenor

1. Die Berufung wird zurück- und die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch über die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung als freiwilliges Mitglied.

Der am xxxxx 1949 geborene Kläger nahm am 13. November 1969 erstmalig eine Erwerbstätigkeit auf. Vom 1. Januar 1984 bis zum Tag vor seiner Heirat am 9. November 2001 war der Kläger nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung. Anschließend bestand über seine Ehefrau bis zum 30. Juni 2016 eine Familienversicherung bei der Beklagten.

Seit dem 1. Januar 2014 bezieht der Kläger eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund. Zunächst war er wegen Unterschreitung der Einkommensgrenze des § 10 Abs. S. 1 Nr. 5 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) (ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße) in der Familienversicherung verblieben. Anlässlich einer Rentenerhöhung zum 1. Juli 2016 überschritt der Kläger mit dem Zahlbetrag der Rente in Höhe von 428,17 Euro erstmals diese Grenze, die im Kalenderjahr 2016 bei 415,00 Euro lag. Daran hat sich seither vor dem Hintergrund der relativ gleichmäßigen Dynamisierungen des Rentenzahlbetrags wie auch der Bezugsgröße nichts geändert.

Mit Bescheid vom 9. März 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Familienversicherung zum 30. Juni 2016 geendet habe. Aufgrund des Antrags des Klägers auf freiwillige Weiterversicherung stufte die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 28. März 2017 als freiwillig versicherten Rentner ein und setzte rückwirkend für die Zeit ab 1. Juli 2016 sowie fortlaufend sowohl den Krankenversicherungs- als auch - insoweit im Namen ihrer Pflegekasse - den Pflegeversicherungsbeitrag unter Heranziehung der Mindestbeitragsbemessungsgrenze gemäß § 240 Abs. 4 S. 1 SGB V (für den Kalendertag ein Neunzigstel der monatlichen Bezugsgröße, mithin für den Monat ein Drittel der monatlichen Bezugsgröße ≪für das Jahr 2016: 968,33 Euro, für das Jahr 2017: 991,67 Euro≫) fest, woraus sich eine Beitragsverpflichtung in Höhe von insgesamt 173,96 Euro (2016) bzw. 180,08 Euro (2017) ergab.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 12. April 2017 Widerspruch ein. Es könne nach seinem Verständnis nicht richtig sein, dass er bei einer monatlichen Rente von etwa 430,00 Euro einen monatlichen Krankenkassenbeitrag von etwa 180,00 Euro zahlen müsse. Anderenfalls müsste der Zuschuss der DRV zur Krankenversicherung nach § 106 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) sich nicht nach dem Rentenzahlbetrag, sondern nach der Mindesteinnahmengrenze der Krankenversicherung bemessen. Diesbezüglich führte der Kläger parallel und letztlich erfolglos ein Verfahren gegen die DRV Bund (Bescheid vom 24. Mai 2017, Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2017, Klage vom 5. Januar 2018 beim Sozialgericht ≪SG≫ Hamburg - S 11 R 23/18 -, Klagerücknahme am 6. September 2018).

Während des hiesigen Widerspruchsverfahrens ist der Beitragsbescheid mehrfach an Änderungen beim (fiktiven) Einkommen sowie bei den Beitragssätzen angepasst worden (Bescheide vom 8. Juni 2017, 24. Juli 2017, 20. Dezember 2017, 26. Juni 2018, 6. August 2018, 19. Dezember 2018, 18. Juni 2019, jeweils auch im Namen der Pflegekasse der Beklagten), sodass diese nach § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) jeweils Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sind.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2019 wies die Beklagte - wiederum auch im Namen ihrer Pflegekasse - den Widerspruch des Klägers zurück. Bei der Ermittlung der Beitragshöhe sei zu beachten, dass der Gesetzgeber für die Bemessung der Beiträge der freiwillig Versicherten eine Mindesteinnahmegrenze festgesetzt habe. Da die Rente des Klägers diese unterschreite, sei der Beitrag insgesamt nach der Mindesteinnahmengrenze zu bemessen. Eine hiervon abweichende Einstufung nach der tatsächlichen Höhe der Einnahmen sei nicht möglich. Die Mindesteinnahmengrenze dürfe selbst bei einkommenslosen Mitgliedern nicht unterschritten werden und verstoße auch nicht gegen verfassungsrechtliche Grundsätze.

Der Kläger hat am 2. September 2019 Klage vor dem SG Hamburg erhoben und die Beitragsbemessung auf der Grundlage der tatsächlich gezahlten Rente sowie die Erstattung danach überzahlter Beiträge begehrt. Es könne schlichtweg nicht sein, dass einerseits die Beklagte den Beitrag auf Basis der Mindesteinnahmengrenze berechne, während andererseits die DRV den Zu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Kranken- und Pflegeversicherungs Office enthalten. Sie wollen mehr?