Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Versicherungspflicht. Versicherungsfreiheit. approbierte Ärztin. Ausübung einer Tätigkeit als selbständige Medizinjournalistin. anderweitige Alterssicherung aufgrund einer bestehenden Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung (hier: ärztliches Versorgungswerk). planwidrige Gesetzeslücke
Orientierungssatz
1. Für eine als selbständige Medizinjournalistin tätige approbierte Ärztin, die aufgrund ihrer Berufsausübung Pflichtmitglied im ärztlichen Versorgungswerk ist, besteht in analoger Anwendung des § 4 Nr 1 KSVG Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem KSVG.
2. Die gesetzliche Regelung ist im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung dahin gehend zu ergänzen, da insoweit eine planwidrige Lücke des Gesetzes vorliegt.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. April 2008 aufgehoben und unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 7. Januar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2005 festgestellt, dass die Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz versicherungsfrei ist. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).
Die 1973 geborene Klägerin ist approbierte Ärztin. Ab 1. Juli 1999 übte sie eine Beschäftigung bei der D. K. AG in K. aus und war während dieser Zeit Pflichtmitglied der Ärztekammer Nordrhein sowie der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Auf ihren Antrag hin wurde sie mit Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 21. November 2000 ab dem 1. Juli 1999 von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Seit ihrem Umzug nach Hamburg im Jahr 2001 wird sie als Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 1. geführt. Von der Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Ärztekammer Hamburg wurde sie mit Wirkung zum 1. Juli 2001 zugunsten der Beigeladenen zu 2. befreit, der sie weiterhin angehört. Seit September 2004 ist sie als selbständige Medizinjournalistin für verschiedene Auftraggeber tätig.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 7. Januar 2005 fest, dass die Klägerin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung nach dem KSVG sei. Die seinerzeit ausgesprochene Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht erstrecke sich nicht auf die publizistische Tätigkeit, da eine Beschäftigung oder Tätigkeit als Ärztin nicht weiterhin ausgeübt werde.
Gegen die Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung erhob die Klägerin Widerspruch und führte unter Hinweis auf ein Schreiben der Beigeladenen zu 2. vom 18. Januar 2005 aus, dass sie als Medizinjournalistin weiterhin einer ärztlichen Tätigkeit nachgehe. Sie zahle bereits Beiträge an ihre berufsständische Versorgungseinrichtung und es könne nicht sein, dass sie einer doppelten Versicherungspflicht unterliege.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 25. April 2005 zurück. Die Klägerin sei aufgrund ihrer selbständigen publizistischen Tätigkeit versicherungspflichtig nach dem KSVG. Die Versicherungspflicht gelte auch für Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) befreit worden seien, wenn der Kammerberuf nicht mehr ausgeübt werde. Die Tatsache, dass die Versorgungskammern Fachjournalisten wegen ihrer berufsspezifischen Tätigkeit weiterhin zu Pflichtbeiträgen heranzögen, schließe die Versicherungspflicht nach dem KSVG nicht aus.
Die Klägerin hat dagegen am 29. April 2005 Klage erhoben und vorgetragen, sie übe weiterhin eine ärztliche Tätigkeit aus, da sie nur aufgrund ihres Medizinstudiums und ihrer klinischen Erfahrung medizinisch-publizistische Aufträge erhalte. Sie sei daher nach § 4 Nr. 1 KSVG in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei. Auch sei die Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI bislang nicht aufgehoben worden und deren Voraussetzungen weiterhin erfüllt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. April 2008 - zugestellt am 31. Juli 2008 - abgewiesen und ausgeführt, die Klägerin unterliege als selbständige Publizistin der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nach dem KSVG. Die Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit nach § 4 Nr. 1 KSVG lägen dagegen nicht vor, da diese Vorschrift voraussetze, dass der Betroffene neben der selbständigen künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit noch eine weitere Beschäftigung oder selbständige nicht künstlerische oder publizistische Tätigkeit ausübe, die in der gesetzlichen R...