Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung. Honorarverteilungsmaßstab. Rechtmäßigkeit der Verhinderung honorarverteilungsrelevanter Fallzahlsteigerungen durch Mehrfacheinlesungen von Versichertenkarten in einer Praxisgemeinschaft. Anforderungen an die Darlegungen und Berechnungen in Honorarbescheiden
Orientierungssatz
1. Regelungen in einem Honorarverteilungsmaßstab, mit denen honorarverteilungsrelevante Fallzahlsteigerungen durch Mehrfacheinlesungen von Versichertenkarten in einer Praxisgemeinschaft innerhalb eines Quartals dadurch verhindert werden sollen, dass bei Überschreiten einer pauschalierten Toleranzgrenze für Patientenüberschneidungen eine Fallzahlreduzierung Platz greift, sind rechtmäßig.
2. Bei Honorarbescheiden dürfen die Anforderungen an die Darlegungen und Berechnungen nicht überspannt werden. Denn insoweit kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass Honorarbescheide sich an einen sachkundigen Personenkreis richten, der mit den Abrechnungsvoraussetzungen vertraut ist bzw zu dessen Pflichten es gehört, über die Grundlagen der Abrechnung Bescheid zu wissen. Nicht erforderlich ist es, dass alle für die Festlegung einer Honorarbegrenzungsmaßnahme wesentlichen Umstände, Zahlen und Beträge im Einzelnen im Bescheid aufgeführt werden, und es reicht aus, wenn sich der für die Berechnung maßgebliche Rechenvorgang aus dem Honorarverteilungsmaßstab ergibt (vgl BSG vom 9.12.2004 - B 6 KA 44/03 R = BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2).
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. September 2007 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist die Rechtmäßigkeit eines endgültigen Honorareinbehaltes nach dem Honorarverteilungsmaßstab für Sachleistungen im Jahr 2004 in Höhe von 10.972,31 EUR (Primärkassen). Die maßgebliche Streitfrage ist die Rechtmäßigkeit der nur begrenzten Berücksichtigung von Mehrfacheinlesungen in Praxisgemeinschaften bei der Honorarverteilung.
Der Kläger ist zur vertragszahnärztlichen Versorgung im Bezirk der Beklagten am Sitz F.-Allee, Hamburg (O.), zugelassen. Er übt seine vertragszahnärztliche Tätigkeit im Rahmen einer Praxisgemeinschaft (M.-Klinik) mit anderen Zahnärzten aus, zu denen auch ein Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg gehört.
Durch Bescheid vom 23. Juni 2005 (…./2004) stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger einen endgültigen Primärkasseneinbehalt für Sachleistungen im Jahr 2004 in Höhe von 10.972,31 EUR fest. In 2004 seien insgesamt 26.969,26 EUR vorläufig einbehalten worden und entfielen hiervon 16.015,50 EUR auf die Primärkassen. Nach abgeschlossener Budgetabstimmung sei das Jahresausgleichsverfahren durchgeführt worden. Danach reduziere sich der anteilige Primärkasseneinbehalt auf 18.103,14 EUR. Um die Budgetüberschreitung bei den Primärkassen auszugleichen, würden 60,61 % des Primärkasseneinbehaltes auf Jahresbasis einbehalten. Der endgültige Primärkasseneinbehalt betrage somit 10.972,31 EUR. Unter Berücksichtigung des vorläufigen Einbehaltes bei den Primärkassen verbleibe eine Gutschrift. Die Gutschrift über 5.043,19 EUR erfolge mit der Quartalsabrechnung I/2005 per 25. Juli 2005.
Der Kläger legte hiergegen am 14. Juli 2005 Widerspruch ein, den die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 18. August 2006 (./2006), zugestellt am 20. September 2006, als unbegründet zurückwies. Der Honorarverteilungsmaßstab habe den Umfang der Mehrfacheinlesung von Versichertenkarten innerhalb von Praxisgemeinschaften auf maximal 5 % der Fälle begrenzt. Der festgesetzte Honorareinbehalt entspreche sachlich und rechnerisch dem Honorarverteilungsmaßstab.
Hiergegen hat der Kläger am 22. September 2006 fristgerecht Klage erhoben und unter anderem vorgetragen, es fehle bereits an einer ausreichenden Begründung des angefochtenen Bescheides. Dieser sei auch deshalb rechtswidrig, weil die zugrunde liegende Regelung des Honorarverteilungsmaßstabes gegen höherrangiges Recht verstoße.
Das Sozialgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 19. September 2007 verurteilt, unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen hat es die Klage, soweit sie auf die ausschließliche Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Auszahlung ggf. einbehaltenen Honorars gerichtet war, abgewiesen. Es hat in der einschlägigen Regelung des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten zur Toleranzgrenze für Mehrfacheinlesungen in Praxisgemeinschaften im selben Quartal eine unzulässige Benachteiligung von Praxisgemeinschaften gesehen. Denn statt über das Berichtigungsverfahren begegne die Beklagte dem Problem unberechtigter Mehrfacheinlesungen über die Honorarverteilung und sei dies solange nicht das richtige Instrument, wie eine festgestellte Auffälligkeit nicht in eine Einzelfallprüfung münde. Denn so stelle die Regelung des Honorarverteilungsmaßstabes eine Umgehung der durch die Rechtsprechung entwic...