Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfeanspruch. Rahmenfrist. Vorfrist. Erlöschensfrist. Verlängerung. Berücksichtigung von Pflegezeiten
Leitsatz (amtlich)
Die durch das SGB 3 eingeführten Verlängerungen der Rahmen-, Vor- und Erlöschensfrist im Interesse von Pflegepersonen werden allein durch Pflegezeiten nach dem SGB 11 ab dem 1.4.1995 und nicht durch eine zuvor nach dem BSHG oder SGB 5 geleistete Hilfe zur Pflege begründet.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten das Bestehen eines Anspruches auf Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Die 1946 geborene Klägerin bezog vom 01. Juli 1992 bis zum 28. April 1994 Arbeitslosengeld (Alg) und anschließend bis zum 02. Januar 1995 Alhi. Ab dem 03. Januar 1995 meldete sie sich beim Arbeitsamt ab, um ihre pflegebedürftige Schwiegermutter -- Frau A T -- zu betreuen. Die Beklagte hob daraufhin die Alhi-Bewilligung ab dem 03. Januar 1995 auf.
In der Zeit vom 03. Januar 1995 bis zum Tode der Schwiegermutter am 31. Januar 1997 übernahm die Klägerin deren Pflege. Ihre Schwiegermutter erhielt bis zum 31. März 1995 Pflegegeld von der AOK Rostock gemäß § 53 SGB V sowie Hilfe zur Pflege gemäß § 68, 69 BSHG von der Hansestadt R und ab dem 01. April 1995 Leistungen von der Pflegeversicherung in Höhe von 1.300,-- DM monatlich. Mit Bescheid vom 20. März 1995 teilte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) der Klägerin mit, daß bei ihr ab dem 01. Dezember 1994 die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berücksichtigungszeit wegen Pflege vorliegen würden und sie berechtigt sei, freiwillige Beiträge für Pflegepersonen gemäß § 177 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI zu entrichten. Für den Zeitraum vom 01. Januar bis 31. März 1995 entrichtete die Klägerin daraufhin freiwillige Beiträge in Höhe von 262,26 DM. Für den Zeitraum vom 01. April 1995 bis 31. Januar 1997 übernahm die Pflegekasse der AOK Mecklenburg-Vorpommern die Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge der Klägerin aufgrund ihrer Pflegetätigkeit.
Am 03. Februar 1997 meldete sich die Klägerin wieder arbeitslos und beantragte Alhi. Mit Bescheid vom 21. Februar 1997 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, daß die Klägerin nicht mindestens 150 Tage in einer die Anwartschaft begründenden Beschäftigung gestanden habe und die Anspruchsvoraussetzungen auch nicht aufgrund anderer Sachverhalte erfülle.
In dem hiergegen am 25. Februar 1997 eingelegten Widerspruch verwies die Klägerin darauf, daß ihr jedoch zumindest der Restanspruch auf Alhi aus dem Jahr 1995 zustehen müsse. Sie habe ihre Schwiegermutter zwei Jahre rund um die Uhr (Pflegestufe III) gepflegt und bei Beginn der Pflegetätigkeit deren Dauer nicht einschätzen können. Es sei für sie nicht nachvollziehbar, daß die Beklagte ihre Tätigkeit als Pflegeperson in keiner Weise anerkenne.
Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09. April 1997 als unbegründet zurückgewiesen. Im Rahmen der Begründung wurde ergänzend ausgeführt, daß der alte, am 29. April 1994 entstandene Anspruch auf Alhi nicht wieder aufleben könne, da ein Anspruch auf Alhi erlösche, wenn seit dem letzten Tage des Bezuges von Alhi ein Jahr vergangen sei (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 Arbeitsförderungsgesetz -- AFG).
Hiergegen hat die Klägerin am 22. April 1997 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Rostock unter dem Aktenzeichen S 1 Ar 88/97 erhoben.
Während des laufenden Klageverfahrens lehnte die Beklagte einen weiteren Alhi-Antrag der Klägerin vom 09. Januar 1998 mit Bescheid vom 21. Januar 1998 und Widerspruchsbescheid vom 09. März 1998 ab. Die Klägerin erfülle nicht die besonderen Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Alhi gemäß §§ 190, 192 SGB III. Gemäß § 196 SGB III sei auch ihr (früherer) Anspruch auf Alhi erloschen. Die Frist nach § 196 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB X (08. Januar 1998 bis 09. Januar 1997) verlängere sich im Fall der Klägerin nach § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III um die Zeit der Pflegetätigkeit, für die Leistungen der Pflegeversicherung erbracht worden seien (01. April 1995 bis 31. Januar 1997), also um 672 Kalendertage. In der somit festgestellten Frist vom 08. Januar 1998 bis 09. März 1995 habe die Klägerin keine Alhi bezogen mit der Folge, daß der alte Anspruch auf Alhi erloschen sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 19. März 1998 unter dem Aktenzeichen S 1 AL 60/98 vor dem SG Rostock Klage erhoben. Insbesondere habe sie die Vorfrist gemäß § 192 SGB III erfüllt. Aus einem Aktenvermerk vom 09. Januar 1998 in der Leistungsakte der Beklagten gehe hervor, daß sich die Klägerin bereits im Dezember 1997 beim Arbeitsamt gemeldet habe, so daß die verlängerte Vorfrist am 02. Januar 1995 begonnen habe. An diesem Tage habe die Klägerin noch Alhi bezogen. Die Beklagte habe lediglich nicht berücksichtigt, daß die Zeit der Pflege der Schwiegermutter volle zwei Jahre anzurechnen sei, weil insoweit die Leistungen nach § 53 SGB V gleichartig zu den Leistungen nach dem SGB XI seien.
Mit Beschluß vom 30. März 1999 hat das SG Rostoc...