Rechtskraft: Ja

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Hilfsmittel – Wechseldruckmatratze – Antidekubitusmatratze – Krankenversicherung – Pflegeversicherung – Pfelgeheim – Behindertenheim – Sozialhilfe –. Anspruch auf Versorgung mit medizinischen Hilfsmitteln

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Versicherte, die Eingliederungshilfe nach dem BSHG erhält und sich in einer Behinderteneinrichtung befindet, die kein Pflegeheim im Sinne des § 72 Abs. 2 SGB X ist; hat Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel durch die gesetzliche Krankenversicherung, soweit dieses Hilfsmittel nach den zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Heimträger getroffenen Vereinbarungen nicht zur sächlichen Ausstattung (Inventar) der Einrichtung gehört (Anschluss an BSG, Urteil vom 10. Februar 2000 – B 3 KR 17/99 R –).

 

Normenkette

SGB V § 33; SGB X §§ 28, 40, 43, 43a, 71-72; BSHG §§ 3, 68, 93, 93a

 

Beteiligte

AOK-Die Gesundheitskasse für Niedersachsen – Regionaldirektion Braunschweiger Land –

 

Verfahrensgang

SG Braunschweig (Entscheidung vom 13.12.2000; Aktenzeichen S 6 KR 173/00)

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Braunschweig vom 13. Dezember 2000 wird aufgehoben.

Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe für das Verfahren I. Instanz ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt P. bewilligt.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Versorgung mit einer Wechseldruckmatratze.

Die am 29. September 1947 geborene Klägerin erhält Eingliederungshilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Sie lebt in der C.. Diese ist nach ihrem Vorbringen nicht als stationäre Einrichtung nach § 71 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) – anerkannt. Die Klägerin leidet unter einer Hypotrophie der Muskeln und des Fettgewebes. Am 7. September 2000 beantragte die Ärztin D., für die Klägerin eine Antidekubitusmatratze. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 13. September 2000 ab und wies den Widerspruch der Klägerin vom 26. September 2000 mit Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2000 zurück. Sie führte zur Begründung ua aus, dass Antidekubitusmatratzen zu der notwendigen Ausstattung einer stationären Pflegeeinrichtung gehörten. Sie erleichterten in stationären Einrichtungen die Pflege und reduzierten den individuellen Pflegeaufwand, so dass Pflegepersonal für andere Aufgaben zur Verfügung stünde. Das Pflegeheim müsse Hilfsmittel vorhalten, da Matratzen jeglicher Art auch zum Anlagevermögen eines Pflegeheimes zählten.

Hiergegen hat die Klägerin am 7. November 2000 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Braunschweig erhoben und beantragt, ihr Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung zu bewilligen.

Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 13. Dezember 2000 abgelehnt, da eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht bestehe. Ein Anspruch der Klägerin auf zur Verfügungstellung der von der Abteilungsärztin in der Pflegeeinrichtung verordneten Antidekubitusmatratze bestehe nicht. Zwar handele es sich bei der Antidekubitusmatratze um ein Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V). Beachtlich sei hier jedoch, dass sich die Klägerin in vollstationärer Pflege in einem Pflegeheim befinde. Es entspreche höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), dass in einem Fall der vollstationären Pflege in einem Pflegeheim im Sinne des § 71 Abs. 2 SGB XI der Grundsatz, dass Krankenkassen die Versicherten unabhängig davon mit Hilfsmittel zu versorgen hätten, ob der Versicherte in der eigenen Wohnung oder in einem Heim lebe, eingeschränkt werde. Die Pflicht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln ende danach im Sinne der gesetzlichen Konzeption des SGB V und des SGB XI dort, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner einsetze. Bei vollstationärer Pflege habe der Heimträger die Verpflichtung, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und mit medizinischer Behandlungspflege zu versorgen. Die Pflege in einem Pflegeheim habe dabei dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse zu folgen. Die Pflegeheime hätten demnach das für die Vollzeitpflege notwendige Inventar zur Verfügung zu stellen, mithin die dazu notwendigen Hilfsmittel vorzuhalten. Hierzu zähle die Bereitstellung einer Antidekubitusmatratze durch das Pflegeheim. Die gesetzliche Krankenversicherung habe über eine solche Versorgung mit Hilfsmitteln hinaus nur diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die für jeden Versicherten individuell angepasst werden müssten und solche, die ihm einen persönlichen Freiraum für Aktivitäten des gesellschaftlichen Lebens auch außerhalb des Pflegeheim ermöglichten. Das sei hier nicht der Fall.

Gegen den am 9. Januar 2001 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 31. Januar 2001 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat.

Sie hat zur Begründung vorgetragen, dass es sich bei ihrem Pflegeheim gerade nicht um eine stationäre Ein...

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