Entscheidungsstichwort (Thema)
Verschuldensmaßstab bei der Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung
Orientierungssatz
1. Die Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung ist auch bei von vornherein befristeten Arbeitsverhältnissen durch die Norm des § 37 b SGB 3 ausreichend bestimmt. Die Meldung hat spätestens drei Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses, ansonsten unverzüglich zu erfolgen. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen sind an das Vorliegen der Voraussetzungen für das Verschulden besonders hohe Anforderungen zu stellen.
2. Die Beurteilung des Verschuldens richtet sich nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab. Hat sich der Betroffene nach seiner glaubhaften Einlassung auf die Aussage im Gesetzestext verlassen und auf dessen Richtigkeit vertraut, so ist ihm fahrlässige Unkenntnis nicht vorzuwerfen. Danach hätte es ihm nicht bekannt sein müssen, dass er sich spätestens drei Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses hätte arbeitsuchend melden müssen. Dies lässt sich so dem Wortlaut des Gesetzestextes gerade nicht entnehmen.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 19. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist eine Minderung des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) ab 01. April 2005 in Höhe von 805,00 € gemäß §§ 37b, 140 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) in der bis zum 31.12.2005 gültigen Fassung streitig.
Der im Jahre 1979 geborene Kläger ist von Beruf Radio- und Fernsehmechaniker und bezog im Anschluss an den Wehrdienst in der Zeit vom 01. März 2004 bis 18. Juli 2004 Alg nach einem Bemessungsentgelt von 448,17 € wöchentlich. Am 19. Juli 2004 nahm der Kläger auf Vermittlung durch die Beklagte eine bis zum 31. Dezember 2004 befristete Beschäftigung als Antennenmonteur bei der Firma F. in G. auf. Am 03. Januar 2005 wurde diese Beschäftigung bis zum 31. März 2005 verlängert.
Am 04. Februar 2005 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte mit Wirkung vom 01. April 2005 Alg. Mit Bescheid vom 09. Mai 2005 bewilligte die Beklagte Alg für 220 Kalendertage nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 64,02 € (tägliches Leistungsentgelt 41,99 €, täglicher Zahlbetrag 12,60 €). Bereits mit Bescheid vom 06. Mai 2005 hatte die Beklagte ihm mitgeteilt, dass eine Minderung des Anspruchs gemäß § 140 SGB III eingetreten sei. Der Kläger hätte sich spätestens am 04. Januar 2005 arbeitsuchend melden müssen; die am 04. Februar 2005 erfolgte Arbeitsuchendmeldung sei um 31 Tage verspätet gewesen. Für jeden Tag der verspäteten Meldung mindere sich der Anspruch auf Leistungen um 35,00 € täglich, längstens jedoch für 30 Tage, also um 1.050,00 €. Die Höhe des Abzugs von der täglichen Leistung betrage 12,64 €, beginne am 01. April 2005 und werde voraussichtlich mit der Zahlung des Alg für 84 Leistungstage enden.
Den gegen die Minderung des Alg eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2005 als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 28. Juni 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Er trägt vor, dass er aus dem Gesetzestext nicht ersehen könne, welche Vorschrift er verletzt habe. Nach dem Wortlaut von § 37b Satz 2 SGB III habe er sich frühestens 3 Monate vor Ablauf der Befristung arbeitsuchend melden müssen. Dem sei er nachgekommen. Die Auffassung der Beklagten, die Meldepflicht sei einen Tag nach Abschluss des Arbeitsvertrages, also am 04. Januar 2005 entstanden, da das Arbeitsverhältnis nicht länger als 3 Monate bestanden hätte, werde vom Gesetz so nicht gestützt. Selbst wenn ihm objektiv sorgfaltswidriges Verhalten vorzuwerfen wäre, weil er sich nicht sofort am 04. Januar 2005 arbeitsuchend gemeldet habe, sei ihm keine subjektive Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen, da er davon überzeugt gewesen sei, dass er sich frühestens 3 Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitslos melden müsse.
Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, dass der Kläger kurz vor Aufnahme des befristeten Beschäftigungsverhältnisses mit Aufhebungsbescheid vom 19. Juli 2004 eindringlich auf eine Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung und auf die Folgen der §§ 37b, 140 SGB III hingewiesen worden sei.
Mit Bescheid vom 06. Juli 2007 änderte die Beklagte den angefochtenen Bescheid dergestalt ab, dass der Minderungsbetrag nur noch insgesamt 805,00 € betrage, da die Meldung um 23 Tage zu spät erfolgt sei. Für Tage, an denen das Amt nicht dienstbereit gewesen sei, erfolge keine Minderung. Ein Betrag in Höhe von 245,00 € wurde an den Kläger ausgezahlt.
Das SG Hannover hat die Beklagte unter Änderung des angefochtenen Bescheides verurteilt, dem Kläger ab 01. April 2005 ungekürztes Alg zu zahlen. Der Kläger sei seiner Verpflichtung, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes seines Arbeitsverhältnisses a...