Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Klage eines Vermieters auf Direktzahlung der Miete. Anspruch auf Angabe eines konkreten Verwendungszwecks bei Direktüberweisung der Miete. Kostenentscheidung. Gerichtskostenpflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Aus der Direktzahlung der Miete an den Vermieter (§ 22 Abs 7 SGB II) ergeben sich grundsätzlich keine einklagbaren Ansprüche des Vermieters.
2. Der Vermieter hat keinen Anspruch gegenüber dem Jobcenter auf Angabe eines konkreten Verwendungszwecks der Überweisung bei einer Direktzahlung nach § 22 Abs 7 SGB II.
3. Die Klage eines Vermieters gegen das Jobcenter auf Direktzahlung der Miete eines Grundsicherungsempfängers ist gerichtskostenpflichtig (§ 197a SGG).
Tenor
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Braunschweig vom 14. September 2020 wird zurückgewiesen.
Die im Berufungsverfahren erhobenen Klagen werden als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 14.288,21 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Ausgangspunkt um die Zahlung von Unterkunftskosten der im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) stehenden Bedarfsgemeinschaft H. direkt an den Kläger.
Der Kläger ist Vermieter der von der Bedarfsgemeinschaft H. bewohnten Wohnung. Er beantragte beim Beklagten mit Schreiben vom 28. Januar 2020 die Direktüberweisung der von der Bedarfsgemeinschaft H. für die Jahre 2018 und 2019 noch zu zahlenden Nebenkosten auf sein Bankkonto (Gesamtbetrag: 2.185,69 Euro). Dies lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, dass der Kläger als Vermieter keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II habe (Bescheid vom 29. Januar 2020).
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass der Beklagte gemäß § 22 SGB II zur Sicherung der Unterkunftskosten verpflichtet sei. „Im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag“ fordere er den Beklagten auf, die Nebenkosten für die Jahre 2017 (92,52 Euro), 2018 (702,27 Euro) und 2019 (1.483,42 Euro) sowie die noch ausstehenden Mieten für Februar und März 2019 (1.010,00 Euro) bis zum 12. März 2020 auf das Vermieterkonto zu überweisen.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2020 zurück. Der Kläger sei nicht hilfebedürftig und könne folglich auch keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen geltend machen.
Hiergegen hat der Kläger am 17. März 2020 beim Sozialgericht (SG) Braunschweig Klage erhoben und vorgetragen, dass seine Nebenkostenforderungen genauso vom Beklagten zu übernehmen seien, wie die vom Beklagten zugunsten des Energieversorgers übernommenen Strom- und Heizkosten. Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz sei es nicht hinnehmbar, dass der Energieversorger ohne Prozess bezahlt werde, der Kläger dagegen erst prozessieren müsse. Weiterhin erwarte er, dass das Jobcenter bei seinen Überweisungen den Monat, für den die Mietzahlung bestimmt sei, und für Nebenkosten das betroffene Jahr angebe. Diese Angaben fielen nicht unter den Daten- oder Persönlichkeitsschutz und seien kaufmännische Mindestangaben. Ansonsten sei eine Zuordnung der Zahlungen nicht möglich und es könne mangels konkreter Zahlen auch keine Zahlungsklage gegen die Mieter eingereicht werden.
Mit Schreiben vom 19. März 2020 hat der Kläger vom Beklagten Auskunft verlangt zur Höhe sowie zum Verwendungszweck der bereits erfolgten Direktzahlungen des Jobcenters. Der Beklagte lehnte dieses Auskunftsersuchen mit Schreiben vom 20. März 2020 ab.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. September 2020 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es an einer Anspruchsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Direktzahlungsanspruch fehle. Es läge keine Schuldübernahmeerklärung des Beklagten vor. Der Kläger handele auch nicht im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag für seine Mieter, sondern besorge ein objektiv eigenes Geschäft (Eintreibung des ihm geschuldeten Mietzinses). Ebenso wenig ergebe sich ein Direktzahlungsanspruch aus § 22 SGB II. Der Anspruch auf Unterkunftskosten stehe dem Leistungsberechtigten zu, nicht seinem Vermieter. Die Direktzahlung nach § 22 Abs 7 SGB II bewirke eine abweichende Empfangsberechtigung, nicht aber eine Übertragung des Leistungsanspruchs auf den Vermieter. Eine grundrechtsrelevante Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber dem Energieversorger sei nicht zu erkennen.
Gegen den dem Kläger am 17. September 2020 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich seine am 15. Oktober 2020 eingelegte Berufung. Der Beklagte sei Drittschuldner iSd §§ 840, 841 Zivilprozessordnung (ZPO) und „nach dem bisherigen Verlauf vor dem Amtsgericht (AG) I. zur Kostenübernahme verpflichtet. Es werde beantragt, dass der Beklagte die „gültigen Übernahmekosten KdU von 2017 bis 2020“ offenlege, „um eine korrekte Berechnung zu ermöglichen“ (Auskunftsanspruch nach § 836 Abs 1 ZPO). Es stelle eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826...