Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Abrechnung von Speziallaborleistungen. Gebot der persönlichen Leistungserbringung. Bezug bestimmter Leistungsbestandteile (hier: laboratoriumsmedizinische Analyse) von einer Leistungserbringergemeinschaft. Beschränkung der Direktabrechnung auf Basislaborleistungen. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Unzulässigkeit der Delegation auf nachgeordnetes nichtärztliches Personal. Nutzung telemedizinischer Kommunikationsmöglichkeiten
Leitsatz (amtlich)
Die laboratoriumsmedizinische Analyse bei Speziallaborleistungen kann nicht aus anderen Praxen bezogen werden. Aus diesem Grund ist es einem Vertragsarzt nicht möglich, Speziallaborleistungen selbst abzurechnen, deren Analyseteil in einer Labor-Leistungserbringergemeinschaft erbracht worden ist, deren Gesellschafter er ist.
Orientierungssatz
1. Mit der Beschränkung des Bezugs von Laborleistungen auf das Kapitel 32.2 EBM (juris: EBM-Ä 2008) in Form der Direktabrechnung haben die Vertragspartner des BMV-Ä nicht gegen höherrangiges Recht - insbesondere den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art 3 Abs 1 GG - verstoßen.
2. Die sich aus den Vorgaben des BMV-Ä ergebende Beschränkung, wonach nur der Bezug von Basislaborleistungen mit einer Direktabrechnung der jeweiligen Laborgemeinschaft oder Leistungserbringergemeinschaft zulässig ist, ist auch zwanglos mit dem in § 105 Abs 2 SGB 5 normierten und auf medizinisch-technische Leistungen durch "Gemeinschaftseinrichtungen der niedergelassenen Ärzte" bezogenen Förderungsgrundsatz zu vereinbaren.
3. Die Delegation von Speziallaborleistungen auf nachgeordnetes nichtärztliches Personal einer Leistungserbringergemeinschaft ist unzulässig.
4. Die Nutzung telemedizinischer Kommunikationsmöglichkeiten in der vertragsärztlichen Versorgung - soweit derzeit schon zulässig - ändert nichts an dem in § 15 Abs 1 S 1 SGB 5, 32 Abs 1 S 1 Ärzte-ZV und § 15 Abs 1 S 1 BMV-Ä normierten Gebot der persönlichen Leistungserbringung.
Tenor
Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2016 wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des zweiten Rechtszugs wird auf 14.080 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Berechtigung zur Erbringung und Abrechnung nuklearmedizinischer Laborleistungen.
Die als Fachärztin für Nuklearmedizin in E. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Klägerin ist eine von mehreren Gesellschaftern der Immunologie F. GbR (im Folgenden: Euro-Labor), in der immunologische Laborleistungen erbracht werden. Der Berufungsausschuss F. sah das Euro-Labor als überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) im Sinne einer Leistungserbringergemeinschaft (LEG) nach § 15 Abs 3 des Bundesmantelvertrags-Ärzte (BMV-Ä) an (bestandskräftiger Beschluss vom 28. Mai 2008). Ferner vereinbarten die Gesellschafter des Euro-Labors mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Baden-Württemberg, dass die dort erbrachten Laborleistungen von den beteiligten Vertragsärzten unter deren Abrechnungsnummer und nicht von der LEG abzurechnen seien (Vergleich vom 3. März 2010 vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg).
Ende März 2010 beantragte die Klägerin bei der beklagten KÄV eine Genehmigung zur Abrechnung immunologischer Laborleistungen des Kapitels 32.3 aus dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen ((EBM); in der ab dem 1. Januar 2009 gültigen Fassung). Dabei sollte die ärztliche Untersuchungsentscheidung, die Präanalytik und die ärztliche Beurteilung der Laborergebnisse in der vertragsärztlichen Praxis der Klägerin in E., die laboratoriumsmedizinische Analyse hingegen im Euro-Labor in F. erbracht werden. Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Nach § 25 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä könnten immunologische Laborleistungen des Kapitels 32.3 EBM nicht über eine LEG bezogen werden (Bescheid vom 26. April 2010). Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26. August 2010).
Die Klägerin hat am 27. September 2010 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben und dort geltend gemacht, dass die beantragte Genehmigung zu Unrecht verweigert worden sei. Nach § 15 Abs 3 BMV-Ä könnten sich Vertragsärzte bei gerätebezogenen Untersuchungsleistungen zu einer gemeinschaftlichen Leistungserbringung zusammenschließen; die Untersuchungsleistungen seien dann als persönliche Leistungen des Vertragsarztes anzusehen, der an der LEG beteiligt sei. Auch immunologische Laborleistungen des Kapitels 32.3 EBM könnten auf diese Weise erbracht werden. Das ergebe sich ua daraus, dass in § 25 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä ausdrücklich auf die Vorgaben über die persönliche Leistungserbringung in § 15 Abs 3 BMV-Ä verwiesen werde.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 7. März 2012 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Abrechnung immunologischer Laborleistungen des Kapitels 32.3 EBM. Die Befunderhebung von Laborleistungen sei nach § 25 BMV-Ä in vier Teile untergliedert: 1. ärztliche ...