Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung der Vergütung für ambulante Pflegeleistungen durch Schiedsspruch
Orientierungssatz
Zu den verfahrens- und materiellrechtlichen Anforderungen an die Festsetzung der Vergütung für ambulante Pflegeleistungen durch Schiedsspruch.
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen den Schiedsspruch der Beklagten vom 25. Mai 2005, der für die Zeit vom 1. September 2005 bis 31. August 2006 eine Vergütungsregelung trifft.
Die Kläger betreiben einen nach § 72 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) zugelassenen Pflegedienst (ARG Paritätische Sozialstation), der ambulante Pflegeleistungen erbringt. Bislang wurden die von ihnen erbrachten Leistungen nach Komplexleistungen entsprechend dem sogenannten Schwaneweder Leistungskatalog mit einem Punktwert von 4,12 Cent für die Grundpflege vergütet. Darin befinden sich auch verbindliche Leistungshinweise zu den Leistungspaketen. Er wurde von der Beklagten mit Beschluss vom 13. November 1995 in Anlehnung an ein hessisches Modell festgesetzt und war zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten für 40 % der Pflegebedürftigen in G und im G Landkreis gültig. Im gesamten Gebiet Niedersachsens und insbesondere in der Stadt G kamen auch andere Leistungskataloge zur Anwendung, insbesondere der sogenannte niedersächsische Leistungskomplexkatalog 2002 (im Folgenden: nds LKK 2002), der seinerzeit einen Marktanteil von 37 % im Landkreis und der Stadt G hatte und inzwischen eine Verbreitung von 95 % gefunden hat. In einem Mediationsverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Hannover wurde im Jahr 2002 für die hiernach abrechnenden Einrichtungen ein Punktwert von 3,5 Cent festgelegt. Im Mai 2004 forderte die Beigeladene zu 1. die Kläger zu Vergütungsverhandlungen auf, in deren Rahmen die Beigeladenen auf der Anwendung des nds LKK 2002 beharrte. Die Verhandlungen scheiterten, so dass die Beigeladenen am 5. Juli 2004 die Beklagte angerufen haben.
Die Beklagte entschied am 25. Mai 2005, dass ein Punktwert von 3,9 Cent entsprechend dem nds LKK 2002 für die Zeit vom 1. September 2005 bis 31. August 2006 zu vergüten sei. Sie folgte hinsichtlich des Leistungskataloges dem Antrag der Beigeladenen, nicht aber im Hinblick auf den beantragten Punktwert (3,5 Cent). Die Kläger hatten 4,2 Cent auf der Basis des Schwaneweder Leistungskataloges begehrt, hilfsweise 4,08 Cent auf der Grundlage des nds LKK 2002 (bei Erhaltung der bisherigen Wegepauschale) bzw. weiter hilfsweise 4,28 Cent (bei Absenkung der Wegepauschale). Ihren Schiedsspruch begründete die Beklagte damit, dass die Einführung des nds LKK 2002 zu mehr Transparenz und Vergleichbarkeit der Leistungen führe. Die Zusammenfassung der Pflegeleistungen in Leistungskomplexen verhindere die einseitige Ausweitung des Leistungsumfanges und die Annäherung an das Selbstkostendeckungsprinzip. Die Vergleichbarkeit der Preise verdiene den Vorzug vor einem Nebeneinander verschiedener Vergütungssysteme, die für den Pflegebedürftigen deshalb keine wirkliche Alternative darstellten, weil er mangels Vergleichbarkeit keinen praktikablen Preisvergleich anstellen könne. Nur ein möglichst umfangreicher Markt gewährleiste einen überzeugenden Marktpreis. Der durchschnittliche bisherige Marktpreis diene ihr - der Beklagten - als wichtigster Anhaltspunkt für ihre Ermessensentscheidung über die Höhe des Punktwertes.
Mit ihrer Klage vom 23. Juni 2005 haben die Kläger diesen Schiedsspruch in mehrfacher Hinsicht beanstandet. Da der Schiedsspruch einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) darstelle, müsse er bestimmte formale Anforderungen einhalten. Er sei hier deswegen bereits unwirksam, weil die Schiedsstelle die Beteiligten nicht zutreffend ermittelt habe. Die Stadt Göttingen müsse als der für den Sitz des Pflegedienstes zuständige Sozialhilfeträger Partei dieses Verfahrens und nicht lediglich Beigeladener sein. Der Schiedsspruch sei auch nicht hinreichend bestimmt. In dem Tenor werde auf den Niedersächsischen Leistungskatalog 2002 Bezug genommen, der weder im Staatsanzeiger veröffentlicht noch allgemein zugänglich sei. Ob es von diesem Leistungskatalog unterschiedliche Versionen gebe, die von derjenigen abweichen würden, die ihnen bekannt sei, entziehe sich ihrer Kenntnis. Der Schiedsspruch sei außerdem nicht ausreichend begründet worden. Es fehlten jegliche Ausführungen zu der Frage, warum hier der nds LKK 2002 zugrunde gelegt werden müsse. Die Heranziehung dieses Leistungskomplexkataloges sei darüber hinaus auch rechtsfehlerhaft. Sie stelle jedenfalls keinen Kompromiss dar. An der Erstellung dieses Leistungskomplexkataloges hätten sie nicht mitgewirkt. Auf Seiten der Träger seien lediglich private Anbieter beteiligt gewesen. Das dort mit den Pflegekassen gefundene Verhandlungsergebnis könne ihnen nicht einseitig aufgezwungen werden. Der Schiedsspruch verstoße darüber hinaus auch gegen mat...