Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Kosten der Einzugsrenovierung. Angemessenheit. Erforderlichkeit zur Herstellung des Wohnstandards im unteren Wohnsegment. Beweislast
Orientierungssatz
Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Einzugsrenovierung gem § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 und eine Erforderlichkeit der Einzugsrenovierung zur Herstellung eines Wohnstandards im unteren Wohnsegment iS der Rechtsprechung des BSG (vgl BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R = BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16) ist nicht gegeben, wenn der Hilfebedürftige weder bei Antragstellung noch in der Folgezeit konkret vorgetragen hat, in welchem Zustand sich die Wohnung bei der Übergabe befunden hat.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 20. November 2009 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Übernahme der Kosten einer Einzugsrenovierung in die Wohnung O... in H... als Zuschuss anstelle eines - bewilligten - Darlehens.
Die 1976 geborene Klägerin zu 1) und der 1968 geborene Kläger zu 2) lebten mit ihrem gemeinsamen, 1999 geborenen Sohn (Kläger zu 6) und drei weiteren, zwischen 1993 und 1997 geborenen Kindern der Klägerin zu 1), (Kläger zu 3-5), in einer Bedarfsgemeinschaft. Die Kläger beziehen seit Jahren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), seit 1. Juni 2007 von dem Beklagten. Seit 1. März 2008 wurde dabei das von dem Kläger zu 2) erzielte Einkommen aus einer abhängigen Beschäftigung angerechnet.
Nach ihren eigenen Angaben bei der Antragsstellung am 29. Mai 2007 haben die Kläger früher in H... in einem Reihenhaus gewohnt. Zum 1. Juni 2007 bezogen sie eine 4-Zimmer-Wohnung mit 95 qm im C... in H... . Nach ihren Angaben begehrten sie nach dem Auftreten von Schimmelpilzen in dieser Wohnung Ende 2007 die Zustimmung zum Umzug in die Wohnung O in H..., die auf den Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom 10. Januar 2008 mit Beschluss des Sozialgerichts (SG) Hannover vom 19. Februar 2008 (S 48 AS 83/08 ER) erteilt worden ist.
Am 14. März 2008 beantragten die Kläger sowohl die Übernahme der Kosten für eine Einbauküche als Erstausstattung als auch die Übernahme der Kosten für die Einzugsrenovierung in die Wohnung O..., letztere entweder als Beihilfe oder als Darlehen. Benötigt würden Tapeten, Tapetenkleister und Farbe für die aus 5 Zimmern und 105 qm bestehende Wohnung. Der Vermieter teilte unter dem 12. März 2008 mit, die Wohnung sei unrenoviert und könne nach dem Auszug auch so wieder übergeben werden.
Am 15. März 2008 zogen die Kläger in diese Wohnung um.
Mit Bescheid vom 17. März 2008/Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2008 bewilligte der Beklagte den Klägern 718,40 € als Darlehen nach § 23 Abs. 1 SGB und kündigte die Aufrechnung iHv 35,92 € monatlich (ab April 2008) an. Die Gewährung der Leistungen als Zuschuss lehnte er ab.
Hiergegen haben die Kläger am 1. September 2008 (Montag) Klage erhoben und vorgetragen, die Kosten einer Einzugsrenovierung seien als Kosten der Unterkunft (KdU) iSd § 22 Abs. 1 SGB II von dem Beklagten zu übernehmen.
Das Sozialgericht (SG) Hannover hat mit Urteil vom 20. November 2009 die angefochtenen Bescheide geändert und den Beklagten verurteilt, die Kosten der Einzugsrenovierung als Zuschuss zu gewähren. Nach § 22 Abs. 1 SGB II seien KdU iH der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen seien. Angemessen seien die Kosten der Einzugsrenovierung, wenn die Renovierung erforderlich sei, um die Bewohnbarkeit der Wohnung auf grundsicherungsrechtlichem Niveau herzustellen. Mit der Übernahme der Kosten der Einzugsrenovierung als Darlehen habe der Beklagte die Notwendigkeit der Maßnahme anerkannt. Damit seien sie als KdU zu übernehmen. Das Urteil war mit der Rechtsmittelbelehrung zur Zulässigkeit der Berufung versehen.
Gegen das am 23. März 2010 zugestellte Urteil hat der Beklagte nach vorausgegangenem Hinweis des Senats auf die fehlende Berufungsfähigkeit am 7. Mai 2010 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Mit Beschluss des Senats vom 5. Oktober 2011 ist die Berufung zugelassen worden.
Der Beklagte trägt vor, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 49/07 R) seien für die Übernahme der Kosten der Einzugsrenovierung drei Voraussetzungen erforderlich: Die Einzugsrenovierung müsse notwendig, ortsüblich und der Höhe nach angemessen sein. Nach den von ihm vorgelegten Auskünften von vier Wohnungsbaugesellschaften seien die Wohnungen in Hannover üblicherweise bezugsfertig, Einzugsrenovierungen seien bei den örtlichen Großvermietern/Wohnungsbaugesellschaften unüblich.
Er hat eine Auskunft der P... vom 11. Januar 2010, des Spar- und Bauvereins vom 11. Januar 2010, der ...-Hannover vom 12. Januar 2010 und der WGH-H... vom 12. ...