Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit der Regelung in § 26 Abs 1 S 3 SGB 4 auch auf die für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und auf vor Einführung der Regelung entrichtete Beiträge
Orientierungssatz
1. Von der Regelung in § 26 Abs 1 S 3 SGB 4 werden auch die für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erfasst.
2. § 26 Abs 1 S 3 SGB 4 ist grundsätzlich auf vor seiner Einführung (1.1.2008) entrichtete Beiträge anwendbar (vgl BSG vom 5.3.2014 - B 12 R 1/12 R = SozR 4-2400 § 26 Nr 3).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 17. August 2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu 1. klarstellend wie folgt gefasst wird:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 6. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2013 verpflichtet, die Zeiträume vom 1. April 1995 bis 30. Juni 1995 sowie 1. September 1995 bis 31. März 2006 als Beitragszeiten für eine nicht erwerbsmäßige Pflegetätigkeit und die dazugehörigen von der Beigeladenen mitgeteilten beitragspflichtigen Einnahmen festzustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückabwicklung der von der Beigeladenen für sie für die Pflege ihres Sohnes vorgenommenen Zahlungen von Rentenversicherungsbeiträgen.
Die am 1961 geborene Klägerin pflegte in den hier streitgegenständlichen Zeiträumen vom 1. April 1995 bis 30. Juni 1995 sowie 1. September 1995 bis 31. März 2006 ihren am 3. Dezember 1987 mit einer Spina bifida (Fehlbildung der Wirbelsäule und des Rückenmarks) geborenen Sohn Stanislav. Aus den vom Medizinische Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen (MDK) in dieser Zeit erstellten Gutachten geht ein zeitlicher Umfang der Pflegetätigkeit von wöchentlich wenigstens 14 Stunden nicht bzw. nicht eindeutig hervor (Gutachten vom 24. Februar 1995 (Bl. 185 Verwaltungsakte - VA), vom 31. Oktober 1997 (Bl. 180 VA), vom 11. Mai 2000 (Bl. 173 VA) und vom 13. Februar 2006 (Bl. 165 VA)).
Am 14. Mai 1996 stellte die Klägerin mit einem Formular der Beigeladenen einen Antrag auf Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen (a.E. der Beiakte - BA). Darin gab sie an, dass die Pflegetätigkeit regelmäßig 21 Stunden in der Woche ausgeübt werde.
Für die hier streitgegenständlichen Zeiträume vom 1. April 1995 bis 30. Juni 1995 sowie 1. September 1995 bis 31. März 2006 meldete die Beigeladene der Beklagten (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - BfA) für die Klägerin Zeiten nicht erwerbsmäßiger Pflegetätigkeit und übermittelte der Beklagten Entgelte für die Pflegetätigkeit der Klägerin (Schreiben der Beigeladenen vom 5. Mai 2011, Bl. 83 VA). Dementsprechend sind in einer in der Verwaltungsakte befindlichen Kontoübersicht vom 12. Mai 2011 die Zeiträume vom 1. April bis 30. Juni 1995 und 1. September 1995 bis 31. März 2006 als Zeiten der Pflichtversicherung wegen Pflegetätigkeit aufgeführt (Bl. 86 VA).
Die Klägerin erhielt im Laufe der streitigen Zeiträume regelmäßig Mitteilungen von der Beigeladenen über die an die Beklagte mitgeteilten Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflegetätigkeit und übermittelten Entgelte (Schreiben der Beigeladenen an die Klägerin vom 4. September 1996 (Bl. 74 VA), 5. März 1997 (Bl. 125 VA), 25. August 1997 (Bl. 75 VA), 6. Mai 1998 (Bl. 126 VA), 2. November 2001 (Bl. 127 f. VA), 19. März 2002 (Bl. 124 VA), 26. März 2002 (Bl. 129 VA), 7. Mai 2002 (Bl. 130 VA), 6. Mai 2003 (Bl. 131 VA), 2. Juni 2004 (Bl. 132 VA), 12. Dezember 2005 (Bl. 133 VA), 9. Mai 2006 (Bl. 134 VA) und 16. Mai 2006 (Bl. 135 VA)), wobei die Beigeladene der Klägerin auch hinsichtlich des nicht streitgegenständlichen Zeitraums vom 1. Juli 1995 bis 31. August 1995 eine entsprechende Mitteilung übersandte (Bl. 74 VA). Die letzte Mitteilung vom 16. Mai 2006 umfasste den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2006. Vorausgegangen war das Pflegegutachten des MDK vom 13. Februar 2006 (Bl. 165 VA), in dem der MDK einen wöchentlichen Pflegeaufwand (nur für hauswirtschaftliche Versorgung) von vier Stunden feststellte.
Auf Anforderung der Beklagten bat die Klägerin am 15. Dezember 2010 (Bl. 72 VA) um Überprüfung des Versicherungsverlaufs. Die im Versicherungsverlauf ausgewiesenen Daten seien unrichtig, weil für den Zeitraum Juli bis August 1995 die Pflegezeit fehle.
Daraufhin ersuchte die Beklagte die Beigeladene mit Schreiben vom 7. Januar 2011 (Bl. 77 VA) um „Meldung/Bescheinigung der beitragspflichtigen Einnahmen nach § 166 Ab...