Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation aus der gesetzlichen Rentenversicherung. keine Kostenerstattung durch den Rentenversicherungsträger für die Arzneimittelversorgung bei einer chronischen, nicht mit dem Rehabilitationsleiden im Zusammengang stehenden Erkrankung
Orientierungssatz
Die Versorgung mit Arzneimitteln, die der Behandlung einer chronischen, nicht mit dem Heilbehandlungsleiden im Zusammengang stehenden Erkrankung dienen, wird nicht von den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation umfasst. Dementsprechend ist ein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nicht für die Kosten eines Medikaments aufzukommen, das der Dauermedikation einer chronischen Erkrankung dient, die nicht Anlass für oder Gegenstand der Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation ist.
Tenor
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 4.6.2020 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird für beide Instanzen endgültig auf 2.104,83 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung der Kosten für das Medikament Sandostatin, das die bei ihr kranken- und bei der Beklagten rentenversicherte H. (Versicherte) während einer stationären Rehabilitation eingenommen hat.
Die 1957 geborene Versicherte leidet seit ihrer Jugend an Akromegalie (einer Erkrankung, bei der der Körper zu viel Wachstumshormone produziert). Sie bezog im streitgegenständlichen Zeitraum eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bei einem angenommenen Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich. Jedenfalls seit 2015 nahm sie das die Wirkung von Wachstumshormonen hemmende Medikament Sandostatin ein. Am 14.6.2016 verordnete ihr der behandelnde, zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Internist und Endokrinologe Dr. D. erneut dieses Medikament. Für das am 17.6.2016 bezogene Medikament berechnete die herausgebende Apotheke 4.519,68 €.
Am 21.6.2016 wurde der Versicherten eine Hüfttotalendoprothese rechts implantiert. Am 30.6.2016 beantragte sie bei der Beklagten eine Anschlussheilbehandlung (AHB). Letztere leitete den Antrag unter dem 1.7.2016 nach § 14 Abs. 1 SGB IX an die Klägerin weiter. Dabei erklärte sie, für die Entscheidung über den Antrag nicht zuständig zu sein, weil die Erwerbsfähigkeit der Versicherten durch medizinische Rehabilitationsleistungen nicht wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden könne. Die Klägerin bewilligte der Versicherten daraufhin eine AHB in der I., an der sie vom 2.7.2016 bis zum 22.7.2016 teilnahm.
Unter dem 1.8.2016 meldete die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch gemäß § 14 Abs. 4 SGB IX an. Sie erklärte, durch die AHB habe eine wesentliche Verschlechterung des Leistungsvermögens der Versicherten auf unter drei Stunden abgewendet werden können, so dass die Beklagte hierfür zuständig gewesen sei. Mit Schreiben vom 25.8.2016 akzeptierte Letztere den Erstattungsanspruch und bat um Bezifferung. Unter dem 31.8.2016 bezifferte die Klägerin diesen auf 1.980,00 € (Fallpauschale inkl. Fahrtkosten).
Mit Schreiben vom 24.11.2016 machte die Klägerin darüber hinaus einen Anspruch auf Erstattung der Kosten von 2.104,83 € für 80 ml Sandostatin geltend, die die Versicherte während der AHB verbraucht habe. Diese Forderung lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 2.12.2016 ab. Sie trug vor, zu vergüten seien die Rehabilitationsleistungen, die die medikamentöse Versorgung des zur Rehabilitation führenden Leidens einschlössen, nach dem mit der Rehabilitations-einrichtung geschlossenen Versorgungsvertrag in Verbindung mit der Vergütungsvereinbarung. Den danach von der Klägerin an die J. zu zahlenden Betrag habe sie, die Beklagte, der Klägerin erstattet. Die Kosten für das bereits am 14.6.2016 verordnete und am „16.06.2016“ bezogene Medikament könne sie dagegen nicht erstatten.
Mit Schreiben vom 10.1.2017 hielt die Klägerin ihren Erstattungsanspruch aufrecht und äußerte, die Beklagte sei gemäß § 4 Abs. 2 SGB IX i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX auch für die Medikamente während der AHB zuständiger Kostenträger gewesen. Der Umfang des Erstattungsanspruchs gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX richte sich nach den für sie, die Klägerin, geltenden Rechtsvorschriften. Dadurch werde sichergestellt, dass sie einen vollständigen Ersatz der ihr zu Unrecht entstandenen Kosten erhalte. Mit Schreiben vom 18.1.2017 hielt die Beklagte an ihrer ablehnenden Haltung fest. Sie äußerte, die Verordnung sei bereits im Vorfeld ausgestellt worden und die Gabe nicht zwingend an den Zeitraum der AHB gebunden gewesen.
Am 23.3.2018 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Bremen Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, wenn die Beklagte von Anfang an die Kosten für die AHB übernommen hätte, wäre sie auch für die Versorgung mit dem Medikament zuständig gewesen. Denn nach § 4 Abs. 2 SGB IX i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (Grundsatz der einheitlichen Leistungserbringung anlässlich einer mediz...