Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. statthafte Klageart. Arbeitslosengeld II. Anschaffung von Teppichen oder Auslegware. keine Umzugskosten iS des § 22 Abs. 3 S. 1 SGB 2. kein Sonderbedarf der Wohnungserstausstattung

 

Orientierungssatz

1. Bei Streitigkeiten um die Wohnungserstausstattung ist regelmäßig die sog Verpflichtungsbescheidungsklage gem § 54 Abs 1 S 1 SGG statthafte Klageart.

2. Die Anschaffung von Teppichen oder Auslegware zählt nicht zu den Umzugskosten iS des § 22 Abs 3 S 1 SGB 2.

3. Bei der Erstausstattung gem § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 2 muss es sich um die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen handeln, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten von Menschen mit geringen Einkommen, die aber nicht im Leistungsbezug stehen, orientiertes Wohnen ermöglichen sollen. Es kommt darauf an, ob die betreffenden Bedarfsgegenstände Voraussetzung für ein menschenwürdiges Dasein sind (vgl BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R).

4. Hieran gemessen hat ein Hilfebedürftiger keinen Anspruch auf Kostenübernahme für Teppiche bzw entsprechende Auslegware, wenn die Wohnung über einen Fußboden aus PVC bzw Parkettboden verfügt. Dies gilt auch bei kälteempfindlichen Hilfebedürftigen oder bei Veranlassung des Umzugs durch den Grundsicherungsträger.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 10.08.2011; Aktenzeichen B 4 AS 77/11 B)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 23. Januar 2008 aufgehoben.

Die Klage der Klägerin wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte dagegen, dass das Sozialgericht (SG) Oldenburg ihn auf die Klage der Klägerin hin verurteilt hat, Kosten der Klägerin für die Anschaffung von Auslegware oder eines Teppichs in Höhe von 280,00 EURO als Wohnungserstausstattung zu übernehmen, weil der Umzug von dem Beklagten veranlasst worden war und die Klägerin in ihrer früheren Wohnung nicht über einen derartigen Hausrat verfügte.

Die im Januar 1963 geborene, im Dezember 1991 geschiedene, Klägerin wohnte im Frühjahr 2005 zusammen mit ihren beiden Söhnen J. und K. in einer ca. 84 qm Wohnfläche umfassenden Wohnung in der L. in M. und erhielt auf ihren Antrag hin von dem Beklagten seit dem 16. Mai 2005 - und seitdem ununterbrochen - laufende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Nachdem die beiden Söhne der Klägerin ausgezogen waren, forderte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 08. Juli 2005 auf, sich eine kostengünstigere Wohnung zu suchen und wies dabei auf die für eine Person in seinem Zuständigkeitsbereich im Wesentlichen geltenden Miethöchstbeträge hin. Die Wohnung in der L. war nach dem Vorbringen der Klägerin mit einer Auslegware ausgestattet, die dem Vermieter gehörte und von ihm in die Wohnung eingebracht worden war.

Die Klägerin leidet nach ihrem Vorbringen etwa seit 1997 an Fibromyalgie und reagiert zeitweise auf Kälte mit Schmerzen. Dazu legte sie dem Beklagten ärztliche Bescheinigungen des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. N. vom 31. März 2006, 05. Oktober 2006 und 04. Mai 2007 vor; in der zuletzt genannten Bescheinigung heißt es u. a., aufgrund eines von der Norm abweichenden Kälteempfindens werde eine Ausstattung ihrer ohne Auslegware angemieteten Wohnung mit Teppich ärztlicherseits befürwortet. Nachdem die Klägerin nach ihrem Vorbringen über längere Zeit vergeblich eine passende - insbesondere für ihr Krankheitsleiden sachgerecht ausgestattete - Wohnung gesucht und auch über einige Monate eine Kürzung der Kosten der Unterkunft hingenommen hatte, mietete sie mit Mietvertrag vom 02. März 2007 zum 15. März 2007 in der Straße O. eine ca. 49 qm Wohnfläche umfassende Wohnung mit Zustimmung des Beklagten an, die in Schlafzimmer, Küche und Flur mit einem PVC-Boden und im Wohnzimmer mit einem neuen Parkettboden ausgestattet ist.

Nachdem die Klägerin diese Wohnung bezogen hatte, beantragte sie mit Schreiben vom 17. Mai 2007 bei dem Beklagten die Gewährung einer einmaligen Beihilfe im Rahmen der Erstausstattung ihrer neubezogenen Wohnung für die Anschaffung von Teppichen oder Auslegware. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass sie über die begehrten Gegenstände nicht verfüge, da die Auslegware in ihrer alten Wohnung habe verbleiben müssen. Außerdem sei sie aus Gründen ihrer Erkrankung auf die Auslegware angewiesen und legte dazu die ärztliche Bescheinigung des Dr. N. vom 04. Mai 2007 vor.

Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 23. Mai 2007 mit der Begründung ab, dass der geltend gemachte Bedarf bereits mit der Regelleistung abgegolten sei.

Der dagegen von der Klägerin am 22. Juni 2007 eingelegte Widerspruch, zu dem sie unter dem 24. September 2007 zwei Kostenvoranschläge für die Anschaffung von zwei Teppichen - der billigste davon in Höhe von 280,00 EURO - vorlegte, wurde mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 06. November 2007 als unbegründet zurückgewiesen. Zur B...

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