Entscheidungsstichwort (Thema)

Witwerrentenbezug. Rückforderung überzahlter Leistungen wegen nicht angezeigter Wiederheirat. laufende Geldleistung iS des § 45 Abs 3 S 4 SGB 10

 

Orientierungssatz

Ein Stammrecht ohne Leistungsgewährung (hier: eine wegen Einkommensanrechnung vollständig ruhende Hinterbliebenenrente) stellt keine laufende Geldleistung iS des § 45 Abs 3 S 4 SGB 10 dar.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.11.2015; Aktenzeichen B 13 R 27/14 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 5.9.2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in der Berufungsinstanz.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung einer Witwerrente wegen Wiederverheiratung und gegen die Erstattung der Rentenzahlungen.

Der 1966 geborene Kläger war seit 1987 mit der 1964 geborenen Frau S... M... (geb. K...) verheiratet und hat mit ihr zwei gemeinsame Kinder, die Töchter S... (geb. 1988) und A... (geb. 1989).... 1993 verstarb Frau M.... Die Beklagte - seinerzeit noch: Landesversicherungsanstalt H... - gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 1.4.1993 eine große Witwerrente. Nach dem Bescheid bestand Anspruch auf die Rente bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres nur dann, wenn u.a. ein Kind erzogen wurde, längstens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des jüngsten Kindes. Unter “Mitteilungspflichten„ enthielt der Bescheid außerdem den Hinweis, dass die Rente mit Ablauf des Monats der Wiederheirat wegfällt und dass daher die gesetzliche Verpflichtung bestehe, eine Wiederheirat unverzüglich mitzuteilen. Ab dem 1.5.1993 wurde Rente in Höhe von zunächst monatlich 76,36 DM gezahlt, aufgrund geänderter Berechnungsgrundlagen sodann

für die Zeit ab dem 1.7.1993 monatlich 125,67 DM (Bescheid vom 26.5.1993),

für die Zeit ab dem 1.7.1994 monatlich 142,28 DM (Bescheid vom 28.5.1994),

für die Zeit ab dem 1.7.1995 monatlich 155,20 DM (Bescheid vom 26.5.1995),

für die Zeit ab dem 1.7.1996 monatlich 117,89 DM (Bescheid vom 24.5.1996),

für die Zeit ab dem 1.7.1997 monatlich 80,16 DM (Bescheid vom 23.5.1997),

für die Zeit ab dem 1.7.1998 monatlich 203,90 DM (Bescheid vom 19.5.1998),

für die Zeit ab dem 1.7.1999 monatlich 180,89 DM (Bescheid vom 20.5.1999),

für die Zeit ab dem 1.7.2000 monatlich 134,94 DM (Bescheid vom 8.6.2000),

für die Zeit ab dem 1.7.2001 monatlich 419,02 DM

zzgl. einer Nachzahlung von 19.027,28 DM (Bescheid vom 7.6.2001),

für die Zeit ab dem 1.7.2002 monatlich 247,61 € (Bescheid vom 23.5.2002),

für die Zeit ab dem 1.7.2003 monatlich 255,35 € (Bescheid vom 23.5.2003),

für die Zeit ab dem 1.7.2005 monatlich 272,73 € (Bescheid vom 25.5.2005),

für die Zeit ab dem 1.3.2006 monatlich 219,82 € (Bescheid vom 31.1.2006),

für die Zeit vom 1.7.2006 bis 31.1.2007 monatlich 208,93 € (Bescheid vom 20.5.2006),

festgesetzt. Mit Rentenbescheid vom 14.11.2006 bewilligte die Beklagte ihm (wegen des bevorstehenden 18. Geburtstages der jüngsten Tochter A...) anstelle der bisherigen Rente eine kleine Witwerrente. In den Bescheid heißt es: “Die Rente beginnt am 01.02.2007. Sie wird ab 01.02.2007 nicht gezahlt.„ Zur Nichtzahlung der Rente wird auf die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens (nach der Anlage 8 zum Bescheid: Arbeitsentgelt im Jahr 2005 aus einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis in Höhe von 29.194,00 €) verwiesen. Gegen den Bescheid erfolgte kein Widerspruch. In den Folgejahren erfolgten dann auch tatsächlich keine Rentenzahlungen.

Mit weiterem Rentenbescheid vom 11.5.2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger (wegen dessen Vollendung des 45. Lebensjahres) anstelle der kleinen Witwerrente nunmehr eine große Witwerrente ab dem 1.9.2011 in Höhe von monatlich 177,93 €. Zu Mitteilungspflichten und Mitwirkungspflichten heißt es in dem Bescheid u.a.: “Die Rente endet mit Ablauf des Monats, in dem eine Ehe geschlossen... wird. Sie sind verpflichtet, uns eine Eheschließung... unverzüglich mitzuteilen.„

Am 16.5.2011 ging bei der Beklagten ein Schreiben ein, mit dem der Kläger erklärte, bereits seit dem 13.9.1996 wiederverheiratet zu sein. Daraufhin hörte die Beklagte ihn mit Schreiben vom 30.6.2011 wegen einer Aufhebung des Rentenbescheides vom 1.4.1993 für die Zeit vom 1.10.1996 bis 31.1.2007 gem. § 48 SGB X an. Sie verwies auf eine Nichterfüllung der gesetzlichen Mitteilungspflichten. Der Kläger hätte aufgrund der ihm gegebenen Informationen Kenntnis davon haben müssen, dass der Anspruch auf die Witwerrente bei Wiederheirat entfällt. Die zu Unrecht erbrachten Leistungen betrügen 26.133,74 €. Von der Einleitung strafrechtlicher Schritte würde abgesehen, wenn der Betrag in einer Summe zurückgezahlt werde.

Mit Bescheid vom 18.7.2011 hob die Beklagte den Rentenbescheid vom 1.4.1993 sowie die Nachfolgebescheide für die Zeit vom 1.10.1996 bis 31.1.2007 gem. § 48 SGB X auf. Die zu Unrecht gezahlten Leistungen seien in Höhe von 26.133,74 € gem. § 50 SGB X zu erstatten. Zur Begründung wurde insbesondere angeführt, die Fristen des § 48 Abs....

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