Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Abzweigung bei Verletzung der Unterhaltspflicht. Differenzbetrag zwischen allgemeinem und erhöhtem Leistungssatz. Leistungsfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
Der kindbezogene Differenzbetrag zwischen dem allgemeinen und dem erhöhten Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 129 SGB III ist keine dem Kindergeld vergleichbare Leistung und nur bei Sicherstellung des unterhaltsrechtlichen Selbstbehaltes zu berücksichtigen (abweichend OLG Celle, 15.10.2002 - 10 UF 102/02 -).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 24. November 2006 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 546,78 € festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob bei Verletzung der Unterhaltspflicht die Beklagte verpflichtet ist, den Unterschiedsbetrag zwischen dem erhöhten und dem allgemeinen Leistungssatz im Sinne des § 129 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) für die Zeit von Dezember 2002 bis März 2004 abzuzweigen.
Der am 20. Februar 1967 geborene Beigeladene erhielt bis zum 09. Februar 2002 Arbeitslosengeld (Alg) und anschließend bis zum 31. Mai 2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi). Die Alhi betrug ab 10. Februar 2002 auf der Basis des Bewilligungsbescheides vom 30. Januar 2002 wöchentlich 112,56 € (Bemessungsentgelt 265,00 € wöchentlich, Leistungsgruppe A, erhöhter Leistungssatz). In der Folgezeit wurde die Alhi entsprechend den gesetzlichen Vorgaben dynamisiert bzw. angepasst.
Der Kläger leistete für die Tochter des Beigeladenen, E., geboren am 21. Februar 1993, Unterhaltsvorschuss in Höhe von 151,00 € monatlich, weil dieser seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nachkam. Ein Urteilstitel existierte nicht. Mit einem am 10. Dezember 2002 eingegangenen Schreiben vom 05. Dezember 2002 beantragte der Kläger die Abzweigung von Leistungen gemäß § 48 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Dabei machte er ausdrücklich den kindbezogenen Erhöhungsbetrag der Alhi unabhängig von der Höhe der wöchentlichen Leistungen geltend. Mit Bescheid vom 12. Dezember 2002 und Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2003 lehnte die Beklagte die Abzweigung eines angemessenen Teils der dem Beigeladenen gewährten Leistungen ab, weil dieser nicht leistungsfähig sei.
Die am 14. Februar 2003 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Hannover mit Urteil vom 24. November 2006 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass das Einkommen des Beigeladenen (Alhi in Höhe von 112,56 € wöchentlich zuzüglich eines Nebeneinkommens von 165,00 € monatlich, insgesamt 652,76 € monatlich) unterhalb des Selbstbehalts nach der “Düsseldorfer Tabelle„ (730,00 € monatlich) liege. Die Beklagte habe zu Recht die Leistungsfähigkeit des Beigeladenen verneint. Gemäß § 48 SGB I seien Auszahlungen von Sozialleistungen an einen Unterhaltsberechtigten trotz mangelnder Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten nur im Fall des Kindergeldes, nicht jedoch beim erhöhten Leistungssatz der Alhi möglich.
Gegen das am 22. Dezember 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. Januar 2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor, die Zuordnung zum erhöhten Leistungssatz gemäß § 129 SGB III setze das Vorhandensein von Kindern und somit der damit verbundenen Unterhaltsverpflichtung voraus. Damit erkenne der Gesetzgeber, dass neben dem Kindergeld eine weitere Leistung für das Kind gewährt werden müsse, um die Unterhaltsbedürftigkeit abdecken zu können. Beide Leistungen dienten der Unterhaltssicherung des minderjährigen Kindes und müssten bei Ermittlung des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen außer Betracht bleiben. Andernfalls wäre ein Unterhaltspflichtiger, der seine Unterhaltspflicht nicht freiwillig nachkomme, wesentlich besser gestellt, als ein Arbeitsloser ohne Kinder. Die Differenz vom allgemeinen zum erhöhten Leistungssatz sei wie auch das Kindergeld als eine zweckgebundene unterhaltsrechtlich relevante Leistung anzusehen, die an das Kind ausgekehrt werden müsse, auch wenn der Unterhaltspflichtige aufgrund seines sonstigen Einkommens nicht leistungsfähig wäre. Dies habe das Oberlandesgericht (OLG) Celle in seiner Entscheidung vom 29. Oktober 2002 - 10 UF 102/02 - festgestellt.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 24. November 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2003 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verpflichten, über seinen Antrag auf Abzweigung vom 05. Dezember 2002 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte erwidert, dass in § 48 Abs. 1 SGB I eine weitere Ausnahmeregelung neben dem Kindergeld nicht vorgesehen sei. Bei der Differenz zwischen dem allgemeinen und dem erhöhten Leistungssatz handele es sich nicht um eine dem ...