Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe des Landesblindengeldes bei Heimunterbringung
Orientierungssatz
1. Zur Höhe des Landesblindengeldes gemäß § 2 Abs 2 BLiGG ND bei Unterbringung in einem Berufsfortbildungswerk (BfW) - Zentrum für berufliche Bildung Blinder und Sehbehinderter - für eine blindentechnische Grundrehabilitation, bei der den Lehrgangsteilnehmern ua Vollverpflegung, Zimmerreinigung, Freizeit- und Betreuungsangebote zur Verfügung gestellt wurden.
2. Zur Auslegung von § 67 Abs 3 BSHG und damit von § 2 Abs 2 S 1 BLiGG ND ist auch auf die zu § 97 Abs 4 BSHG entwickelten Kriterien zurückzugreifen.
3. Im Sozialhilferecht ist anerkannt, daß ein Wohnheim dann als Einrichtung iS von §§ 67 Abs 3 S 1, 97 Abs 4 BSHG zu erachten ist, wenn es Teil einer Eingliederungsmaßnahme ist, die einem Sozialhilfeträger obläge, wenn für sie nicht ein anderer öffentlich-rechtlicher Leistungsträger aufkommen würde. Steht ein solches Wohnheim nämlich mit einer Eingliederungseinrichtung, etwa der Ausbildungsstätte eines Rehabilitationswerkes für Behinderte, in Funktionszusammenhang, so ist auf die insgesamt gewährte Betreuung abzustellen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob diese in einem Gebäude gewährt oder ob die Ausbildungsstätte vom Ort der Unterbringung getrennt ist.
4. Einer Anerkennung nach dem Heimgesetz bedarf es für die Einstufung als Einrichtung iS der §§ 67 Abs 3 S 1, 97 Abs 4 BSHG nicht, weil es sich insoweit um eine Rechtsfrage sozialhilferechtlicher oder eben auch landesblindengeldrechtlicher Art handelt, die nicht der Beurteilung durch die Heimaufsicht unterliegt.
5. § 2 Abs 2 S 1 BLiGG ND räumt der Verwaltung keinerlei Ermessen ein. Es handelt sich um eine gebundene Verwaltungsentscheidung.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des der Klägerin zustehenden Blindengeldes.
Die 1959 geborene Klägerin steht seit längerem im laufenden Bezug von Landesblindengeld bei der Landeshauptstadt H. Zum 30. September 1993 wurde sie in das Berufsfortbildungswerk D (BfW) -- Zentrum für berufliche Bildung Blinder und Sehbehinderter -- für eine blindentechnische Grundrehabilitation aufgenommen. Die Kosten hierfür übernahm die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte.
Mit Bescheid vom 28. Dezember 1993 setzte die Landeshauptstadt H das der Klägerin zu gewährende Blindengeld auf 50 vH herunter. Zur Begründung wies sie darauf hin, die Klägerin sei nunmehr in einer Einrichtung. Daher sei ihr nur noch die Hälfte des Blindengeldes auszuzahlen.
Mit Schreiben vom 27. Januar 1994 teilte der Landschaftsverband R mit, er zahle der Klägerin nunmehr den Unterschiedsbetrag zum vollen Blindengeld.
Mit weiterem Bescheid der Landeshauptstadt H vom 27. Januar 1995 hielt dieser an seiner Rechtsauffassung fest und setzte das der Klägerin zu zahlende Blindengeld weiterhin auf 50 vH des vollen Betrages fest.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Widerspruchsschreiben vom 6. Februar 1995.
Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben (NLZSA) vom 5. April 1995, der der Klägerin am 6. April 1995 zugestellt wurde, zurückgewiesen. Zur Begründung wies das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben -- NLZSA -- im wesentlichen darauf hin, bei dem BfW handele es sich um eine "Einrichtung" im Sinne des Landesblindengeldgesetzes. Daher kommt es nicht mehr darauf an, wieviel "Betreuung" dort im einzelnen geleistet werde.
Die Klägerin hat am 5. Mai 1995 Klage erhoben. Zu deren Begründung hat sie geltend gemacht, das Blindengeld sei dazu bestimmt, blindheitsbedingte Aufwendungen abzudecken. Diese seien ihr aber nach wie vor entstanden. So habe sie etwa ihre Wohnung in H beibehalten müssen und sei aufgrund der häufigen Schließungszeiten des Internates in D auch zu häufigen Heimfahrten gezwungen gewesen. Zudem sei ihr in dem Internat in D keinerlei Betreuung oder etwa Pflege zugekommen.
Das Sozialgericht (SG) Hannover hat die Klage mit Urteil vom 12. Juni 1998 abgewiesen. Zur Begründung hat es sich im wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid des Beklagten bezogen.
Gegen das ihr am 22. September 1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. Oktober 1998 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung weist sie erneut darauf hin, ihre blindheitsbedingten Aufwendungen bestünden nach wie vor. Zudem habe der Beklagte in unzureichender Weise Ermessen ausgeübt.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 12. Juni 1998 sowie den
Bescheid der Landeshauptstadt Hannover vom 27. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Niedersächsischen Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben vom 5. April 1995 aufzuheben,
2. den Beklagten zu verurteilen, ihr für den streitigen Zeitraum Blindengeld
in voller Höhe zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich im wesentlichen auf seinen Widerspruchsbescheid sowie auf eine Entscheidung des Obe...