Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Geschäftsführer einer GmbH

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Ist der Geschäftsführer einer GmbH an die Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden, in den Betrieb der GmbH eingegliedert, hat er Anspruch auf ein vereinbartes Festgehalt, auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 23.6.2016 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30.11.2015 wird angeordnet, soweit mit diesem Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung nebst Umlagebeiträge für den Zeitraum vom 15.2.2006 bis zum 31.12.2010 sowie Säumniszuschläge festgesetzt werden. Im Übrigen wird der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Antragstellerin zu 32% und die Antragsgegnerin zu 68% mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst zu tragen hat.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 57.359,53 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die am 11.7.2016 bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen schriftlich eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den ihr am 29.6.2016 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts (SG) Köln vom 23.6.2016 ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) sowie form- und fristgerecht (§ 173 Sätze 1 und 2, § 64 Abs. 1, Abs. 2, § 63 SGG) eingelegt worden.

II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist jedoch nur teilweise begründet.

Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren: Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906; Beschluss v. 9.1.2013, L 8 R 406/12 B ER; Beschluss v. 27.6.2013, L 8 R 114/13 B ER; Beschluss v. 11.3.2016, L 8 R 506/14 B ER, jeweils juris). Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v. 7.1.2011, a.a.O.; Beschluss v. 10.1.2012, L 8 R 774/11 B ER; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER; Beschluss v. 9.1.2013, a.a.O.; Beschluss v. 27.6.2013, a.a.O.; Beschluss v. 11.3.2016, a.a.O., jeweils juris).

Nach dieser Maßgabe ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30.11.2015 teilweise begründet. Der Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache ist nach gegenwärtiger Erkenntnislage hinsichtlich der Nacherhebung von Pflichtbeiträgen für die Beigeladene nebst Umlagebeiträgen für den Zeitraum vom 15.2.2006 bis zum 31.12.2010 sowie hinsichtlich der Festsetzung von Säumniszuschlägen überwiegend wahrscheinlich. Im Übrigen spricht derzeit mehr dafür, dass dem Anfechtungswiderspruch kein Erfolg beschieden sein wird, weil der Bescheid vom 30.11.2015 insoweit r...

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