Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz gegen einen Beschluss der Schiedsstelle nach § 80 SGB 12
Orientierungssatz
1. Bei dem Beschluss der Schiedsstelle über die Höhe einer Vergütungsvereinbarung nach § 80 SGB 12 handelt es sich um einen vertragsgestaltenden Verwaltungsakt, den die Schiedsstelle als Behörde i. S. von § 31 SGB 10 erlässt. Eine gegen die Entscheidung der Schiedsstelle erhobene Anfechtungsklage hat gemäß § 86a Abs. 1 S. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Soll diese suspendiert werden, so ist ein Antrag nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Schiedsspruchs beim Landessozialgericht notwendig und zulässig.
2. Bei der Entscheidung des Gerichts ist darauf abzustellen, ob ein Aussetzungsinteresse und zumindest ein gewisses Maß an Eilbedürftigkeit besteht, d. h. ob dem Antragsteller das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache zugemutet werden kann.
3. Für eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers ist dessen Glaubhaftmachung erforderlich, dass ihm im Falle des Abwartens einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren unzumutbare Nachteile drohen.
4. Droht dem Antragsteller eine prognostisch lediglich überschaubare Kostenlast, so ist einstweiliger Rechtsschutz zu versagen. Dies gilt erst recht, wenn er sich nach dem Beschluss der Schiedsstelle für die Stellung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz mehrere Monate Zeit lässt.
Normenkette
SGB XII § 77 Abs. 1 S. 5, Abs. 4 S. 2; SGB X § 31; SGG § 29 Abs. 2 Nr. 1, § 86a Abs. 1 S. 1, § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 1, §§ 177, 197a Abs. 1 S. 1; Schiedsstellenverordnung NRW § 11 Abs. 2 S. 2; NKomVG § 110 Abs. 4; BSHG § 94 Abs. 2; GKG § 52 Abs. 1, 3 S. 1, § 63 Abs. 2 S. 1, § 66 Abs. 3 S. 3, § 68 Abs. 1 S. 5; VwGO § 154 Abs. 1
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII des Landes Niedersachsen vom 28.01.2016 wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 7.391,25 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Beschlusses der Schiedsstelle nach § 80 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) für das Land Niedersachen.
Die von der Antragsgegnerin 1999 als Pflegeheim in Betrieb genommene Residenz B in T - im Folgenden Einrichtung - verfügt nach dem Versorgungsvertrag vom 02.05.2001 i. V. m. dem Nachtrag vom 27.12.2004 seit dem 01.01.2005 über 94 Plätze zur vollstationären Pflege (Bl. 13 ff., 65 f. Schiedsstellenakte). Daneben hält sie Wohneinheiten vor, die nicht Gegenstand des Vertrages sind.
Ausweislich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 15.12.2004 verfügt die Einrichtung über insgesamt 77 Einheiten (60 Einzel- und 9 Doppelzimmer sowie 8 Zweizimmerpflegewohnungen) (Bl. 5 ff. Schiedsstellenakte).
Die Beteiligten einigten sich zuletzt in der Vergütungsvereinbarung vom 05.08.2008 für die Zeit ab dem 01.09.2008 bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung auf einen kalendertäglichen Investitionsbetrag i. H. v. 18,75 Euro (Bl. 11 f. Schiedsstellenakte).
Unter den Bewohnern sind - nach dem Vortrag der Antragsgegnerin - 28 Personen, die Leistungen nach dem SGB XII beziehen, davon 18 in der Zuständigkeit der Antragstellerin (Stand: 05.09.2016, Bl. 120 GA L 9 SO 377/16 KL).
Mit Schreiben vom 27.07.2015 forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin zu Verhandlungen betreffend die Neuvereinbarung des Investitionsbetrages ab dem 01.10.2015 auf (Bl. 134 f. VV). Die Antragsgegnerin forderte daraufhin den Abschluss auf der Basis des auch für ihre Selbstzahler seit dem 01.01.2015 geltenden Betrages von 21,85 Euro (Bl. 136 VV). Die Antragsstellerin bot daraufhin zunächst 16,50 Euro und sodann - nach Vorlage weiterer Unterlagen durch die Antragsgegnerin - 17,72 Euro an. Die Antragsgegnerin forderte demgegenüber zuletzt 18,75 Euro (Bl. 169 ff., 229 VV).
Nach dem Scheitern der Verhandlungen beantragte die Antragstellerin am 09.11.2015 die Durchführung des Schiedsstellenverfahrens nach § 80 SGB XII bei der Schiedsstelle für das Land Niedersachen (Bl. 1 Schiedsstellenakte). Die Verfahrensbeteiligten gingen mit dem zuletzt angebotenen bzw. geforderten Betrag in das Verfahren. In der Verhandlung vor der Schiedsstelle am 28.01.2016 einigten sie sich sodann auf einen kalendertäglichen Investitionsbetrag für den Zeitraum vom 01.10.2015 bis zum 31.03.2016 i. H. v. 18,00 Euro auf Widerruf (Bl. 108 ff. Schiedsstellenakte). Nach Widerruf des Vergleiches durch die Antragsgegnerin verkündete die Schiedsstelle daraufhin ihren bereits in der Sitzung getroffenen und in einem verschlossenen Umschlag hinterlegten Beschluss, mit dem sie den kalendertäglichen Investitionsbetrag für den Zeitraum vom 01.10.2015 bis zum 31.03.2016 auf 18,00 Euro festsetzte (Bl. 112 ff. Schiedsstellenakte).
Die Antragsgegnerin erhob am 29.03.2016 gegen den ihr am 04.03.2016 zugestellten Beschluss Klage beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (Az. L 8 SO 98/16 KL). Durch Beschluss vom 17.06.2...