Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zum Abschluss einer Vereinbarung mit einer Einrichtung durch einstweiligen Rechtschutz
Orientierungssatz
1. Zur Gewährung von einstweiligem Rechtschutz nach § 86b Abs. 2 SGG ist die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes erforderlich.
2. Bei dem Abschluss einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB 12 mit einer Einrichtung handelt es sich um einen Ermessensakt im Rahmen der Vertragsfreiheit. Der Sozialhilfeträger besitzt einen Entscheidungsspielraum, ob und zu welchen Bedingungen er entsprechende Vereinbarungen mit den jeweiligen Leistungserbringern schließt.
3. Eine Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zum Abschluss einer konkreten Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB 12 kommt damit ausschließlich für den Fall einer Ermessensreduzierung auf Null in Betracht.
4. Hinsichtlich des erforderlichen Anordnungsgrundes ist ein Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung nur dann durchsetzbar, wenn durch den fehlenden Abschluss schwere und nicht wieder gutzumachende Nachteile drohen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 18.04.2018 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige, insbesondere fristgerecht am 14.05.2018 eingegangene Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr am 18.04.2018 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 18.04.2018, mit dem es den schriftsätzlichen Antrag,
den Antragsgegner zu verpflichten, mit der Antragstellerin vorläufig die als A6 zur Antragsschrift beigefügte Anlage als Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 und 3 SGB XII für sogenannte Ergänzungsleistungen für die Dauer bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache abzuschließen,
abgelehnt hat, ist unbegründet. Dem auf den Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG) gerichteten Begehren der Antragstellerin fehlt es auch im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats sowohl an einem von ihr glaubhaft zu machenden Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund.
Zur Begründung schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung und Würdigung zunächst den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Beschluss an und nimmt auf sie Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Auch das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin vermag ihrem Begehren nicht zum Erfolg zu verhelfen.
1.) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO). Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Bestehens von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. BSG, Beschl. v. 07.04.2011 - B 9 VG 15/10 B -, juris Rn. 6).
a) Die Antragstellerin hat einen (Anordnungs-)Anspruch auf Abschluss einer "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gem. §§ 75 ff. SGB XII für den Leistungsbereich Ergänzungsleistungen in Ambulant betreuten Wohnen für Menschen mit Behinderung" mit dem Antragsgegner nach wie vor nicht glaubhaft gemacht.
Allerdings weist der Senat darauf hin, dass ein solcher Anspruch nicht schon an der mangelnden Passivlegitimation des Antragsgegners scheitert. Denn der Landesgesetzgeber hat mittlerweile durch § 2a Abs. 3 des Ausführungsgesetzes zum Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - (AG-SGB XII NRW), geändert durch Art. 2 Nr. 3 lit. c des Ausführungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes vom 11.07.2018 - (AG-BTHG NRW) und in Kraft getreten m.W. ab 01.01.2018 (s. Art. 9 Abs. 1 AG-BTHG NRW) klargestellt, dass die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers bei der Leistungserbringung nach § 2a Abs. 1 auch die Zuständigkeit und die Aufgaben nach dem Zehnten Kapitel des SGB XII umfasst; zudem bleiben Verträge und Vereinbarungen nach dem Zehnten Kapitel des SGB XII, die vom überör...