Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Pflicht des prüfenden Rentenversicherungsträgers zum Widerruf eines ergangenen Summenbescheids

 

Orientierungssatz

1. Nach § 28f Abs. 2 s. 5 und 6 SGB 4 hat der prüfende Rentenversicherungsträger einen aufgrund der S. 1, 3 und 4 ergangenen Summenbescheid insoweit zu widerrufen, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht oder Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden.

2. Hierbei hat der Rentenversicherungsträger die Voraussetzungen des § 45 SGB 10 für die Rücknahme eines anfänglich rechtswidrigen Verwaltungsakts zu beachten.

3. Die dem Rentenversicherungsträger gebotenen Bemühungen werden nach dem allgemeinen Gebot der Verhältnismäßigkeit des Verwaltungshandelns auf ein zumutbares Maß beschränkt.

4. Hat im summarischen Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes der Antragsteller eigene Ermittlungsmöglichkeiten nicht eingesetzt oder ausgeschöpft und sind infolgedessen die Ermittlungen des Rentenversicherungsträgers zum Erlass des ergangenen Summenbescheides nicht zu beanstanden, so ist dem Antragsteller die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes zu versagen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 28.9.2016 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt in beiden Rechtszügen die Antragstellerin. Der Streitwert wird in beiden Rechtszügen auf 129.059,95 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

I. Die am 26.10.2016 bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen schriftlich eingelegte Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr am 5.10.2016 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts (SG) Duisburg vom 28.9.2016 ist zunächst zulässig, insbesondere gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 173 Satz 1, 64 Abs. 1, Abs. 2, 63 SGG).

II. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

1. Dabei ist der zum zuständigen SG erhobene Antrag auf Abänderung zunächst zulässig. Das ursprüngliche Eilverfahren ist bereits durch gemäß § 177 SGG unanfechtbaren Beschluss des Senats vom 30.12.2013 (L 8 R 406/13 B ER, juris) im Beschwerdeverfahren rechtskräftig abgeschlossen worden. Die beantragte Abänderungsmöglichkeit von Eilentscheidungen ist im SGG fristungebunden ausdrücklich in § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG für Anfechtungssachen vorgesehen.

a) Um sich von der im vorangegangenen Eilverfahren zuletzt durch den Senat angeordneten aufschiebenden Wirkung zu lösen, bedarf die Antragstellerin auch eines Abänderungsantrages. Denn die Anordnung der aufschiebenden Wirkung erstreckt sich sowohl auf die am 15.4.2015 erhobene Klage im Hauptsacheverfahren vor dem SG Duisburg (S 21 R 700/15) als auch auf den bereits aus Sicht der Antragstellerin im Rahmen der Rechtsmittelbelehrung nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen Bescheids v. 16.1.2015. Die Auswirkung der gerichtlich angeordneten aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs tritt nämlich rückwirkend ab Erlass des mit dem Widerspruch angefochtenen Bescheides ein und endet in den Fällen, in denen Klage erhoben wird, erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit der Hauptsacheentscheidung (vgl. Senat, Beschluss v. 2.7.2012, L 8 R 1133/11 B ER, juris; Senat, Beschluss v. 4.4.2017, L 8 R 945/14 B ER; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss v. 20.3.2006, L 8 AS 369/06 ER-B, juris).

b) Der Senat kann zudem offen lassen, ob es für eine abändernde Entscheidung der Darlegung einer vorangegangenen Änderung der Sach- oder Rechtslage bedarf (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 86b Rdnr. 20 m.w.N.; Wehrhahn in: Breitkreutz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 86b Rdnr. 54; BayLSG, Beschluss v. 21.12.2010, L 8 SO 249/10 B ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 11.10.2010, L 7 SO 3392/10 ER-B, juris; Krodel in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck‚scher Online-Kommentar, SGG, Stand. 1.12.2016, § 86b Rdnr. 151.1). Denn jedenfalls ist durch den Erlass des Bescheides vom 15.1.2016 eine Änderung in der zur Beurteilung gestellten Rechtslage eingetreten, nachdem die Antragstellerin im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nicht nur eine personenbezogene Beitragserhebung (teilweise) nachgeholt hat, sondern nunmehr zudem weitere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung festsetzt.

2. Der Antrag der Antragstellerin ist jedoch unbegründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung aufzuheben.

Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren: Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906; Beschluss v. 9.1.2013, L 8 R 40...

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