Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bei beantragter Verurteilung des Arbeitgebers zur Entrichtung der Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag
Orientierungssatz
1. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung.
2. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entrichtung der Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag aus dem Arbeitsentgelt beurteilt sich nach den Vorschriften des SGB 4 i. V. m. den die Beitragspflicht regelnden Vorschriften des 3., 5., 6. und 11. Buches. Eine Vereinbarung über die Bildung von Wertguthaben ist lediglich Anknüpfungspunkt für die genannten sozialrechtlichen Bestimmungen, welche die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beitragspflicht begründen und ausgestalten.
3. Streitgegenstand eines solchen gerichtlichen Verfahrens ist eine sonstige Angelegenheit der Sozialversicherung, weil das entsprechende Streitverfahren nicht einem einzelnen Versicherungszweig zugeordnet werden kann.
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers und der Beigeladenen wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.06.2014 aufgehoben. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist zulässig.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Beschwerdeverfahren. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe
Die - jeweils zulässigen - Beschwerden des Klägers und der Beigeladenen sind begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.06.2014 ist aufzuheben, denn der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist zulässig. Die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Wuppertal kommt deshalb nicht in Betracht.
Der Kläger erstrebt in dem zugrunde liegenden Streitverfahren die Verurteilung des beklagten (früheren) Arbeitgebers zur Entrichtung der Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag für das durch Teilnahmevereinbarungen auf der Grundlage der Allgemeinen Bestimmungen zum Modell Wertkonto (AB Wertkonto) seit April 2008 begründete und im Oktober 2010 auf die Beigeladene übertragene Wertguthaben (Einzahlungen durch den Kläger aus Arbeitsentgelt in Höhe von 455.200 Euro) beruhend auf einem bis zum 31.05.2010 bestehenden Dienstverhältnis zu der Beklagten.
Die Zulässigkeit des Sozialrechtswegs für die Streitigkeit über die Verpflichtung der Beklagten zur Entrichtung der Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag ergibt sich aus § 51 Abs. 1 Nr. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach dieser Vorschrift entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in "sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung". Um eine solche Streitigkeit handelt es sich hier.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die vorliegende Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur. Die Art einer Streitigkeit - öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich - bestimmt sich, wenn, wie hier, eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klaganspruch hergeleitet wird (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB), Beschluss vom 04.06.1974, Az. 2/73). Der hier streitgegenständliche Anspruch hat entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und der Beklagten seine Grundlage nicht in der privatrechtlichen Vereinbarung über die Bildung eines Wertguthabens, sondern vielmehr in den Vorschriften des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV), die insoweit das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten dieses Rechtsstreits regeln.
Unzweifelhaft beurteilt sich die Verpflichtung der Beklagten als (früherer) Arbeitgeberin zur Entrichtung auch der Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag aus dem Arbeitsentgelt nach den Vorschriften des SGB IV (hier insbesondere § 28e) in Verbindung mit den die Beitragspflicht regelnden Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III), des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) und des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI). Soweit eine Wertguthabenvereinbarung im Sinne des § 7b SGB IV zwischen dem Arbeitgeber und dem Beschäftigten abgeschlossen wird, mit der Arbeitsentgelt in das Wertguthaben eingebracht wird, erfahren die o.g. beitragsrechtlichen Vorschriften eine Modifikation durch die besonderen Regelungen über das Wertguthaben in den §§ 7b ff SGB IV. Dessen ungeachtet bleiben jedenfalls diese sozialrechtlichen Vorschriften die Grundlage für die vom Arbeitgeber in das Wertguthaben - gegebenenfalls - zu entrichtenden Arbeitgeberanteile an dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag, denn es geht im Kern um grundsätzlich beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, das in das Wertguthaben eingebracht wird. Keinesfalls findet sich die Rechtsgrundlage für diese Verpflichtung in der Vereinbarung über die Errichtung eines Wertguthabens. Die Verpflichtung zur Beitragszahlung als solche wie auch ihre Ausge...