Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zur Bewilligung von einstweiligem Rechtschutz - Zumutbarkeit des Abwartens der Hauptsacheentscheidung bei vorhandenen bereiten Mitteln
Orientierungssatz
1. Zur Bewilligung von einstweiligem Rechtschutz ist gemäß § 86b Abs. 2 SGG die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes erforderlich.
2. An der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes fehlt es dann, wenn der Antragsteller zur Beschaffung der beantragten Leistung auf vorhandene eigene Mittel zurückgreifen kann. Ihm ist dann ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung zumutbar. Für die Beurteilung des Anordnungsgrundes kommt es im Rahmen von § 86b Abs. 2 S. 2 SGG jeweils auf eine einzelfallbezogene Interessenabwägung an.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19. Februar 2020 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Kostenübernahme für eine ambulante privatärztliche Untersuchung mittels FONAR Upright-Magnetresonanztomographie (MRT).
Der Antragsteller, ein selbstständiger Rechtsanwalt, ist bei der Antragsgegnerin versichert. Unter Vorlage eines Kostenvoranschlages (Privatpraxis für Upright-Kernspintomographie L, Dr. T, vom 6. Dezember 2019) und weiterer medizinischer Unterlagen beantragte er am 10. Dezember 2019 bei der Antragsgegnerin die Kostenübernahme für die Untersuchung eines Bereichs der Wirbelsäule mittels FONAR Upright MRT in Höhe von 770,19 EUR, ggf. zusätzlich 50,00 EUR bis 60,00 EUR für die eventuelle Gabe von Kontrastmitteln. Die Untersuchung sei aus medizinischen Gründen nur in sitzender oder stehender Position möglich. Die radiologische Abklärung der bei ihm bestehenden lumbalen Beschwerdesymptomatik sei zur Vermeidung einer Chronifizierung dringend erforderlich.
Die Antragsgegnerin zog den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) hinzu. Der Antragsteller bestreitet, die dahingehende Mitteilung der Antragsgegnerin vom 11. Dezember 2019 erhalten zu haben. Der MDK teilte mit, bei dem Upright-MRT handele es sich um eine Leistung, die unter Beachtung der Voraussetzungen der Kernspintomografievereinbarung nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM) von Vertragsärzten, dementsprechend aber nicht - wie hier beantragt - von Privatärzten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden könne. Allerdings sei im vorliegenden Fall anhand des pulmologischen Befundberichtes keine Kontraindikation für eine konventionelle MRT-Untersuchung ableitbar, zumal bei dieser auf eine unterstützende Begleitmedikation zurückgegriffen werden könne, um sie dem Versicherten zu ermöglichen.
Angesichts dieser Einschätzung lehnte die Antragsgegnerin das Begehren des Antragstellers ab (Bescheid vom 9. Januar 2020). Der Antragsteller wandte sich dagegen am 4. Februar 2020 mit dem Widerspruch, mit dem er neben einer Vertiefung seines Vorbringens in medizinischer Hinsicht vortrug, das Upright-MRT werde in Deutschland nur von wenigen Praxen angeboten, bei denen es sich zudem in der Regel um Privatpraxen handele.
Am 4. Februar 2020 hat der Antragsteller einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht (SG) Köln gestellt. Zur Begründung hat er seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 25. Juni 2019 (L 11 KR 4517/18) verwiesen.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten zur Anfertigung eines Upright-MRT der Lendenwirbelsäule des Antragstellers in der Praxis Dr. T, L, vorläufig zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller habe weder ein Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht. Sie sei zur Kostenübernahme nur bei Durchführung durch einen Vertragsarzt an einem genehmigten Gerät verpflichtet und beziehe sich im Übrigen auf die Ausführungen des MDK. Die erforderliche Eilbedürftigkeit habe der Antragsteller gleichfalls nicht dargelegt. Drohende Nachteile seien unter Berücksichtigung der durch den MDK aufgezeigten Untersuchungsmöglichkeit nicht erkennbar. Ferner habe der Antragsteller nicht dargelegt, dass er aufgrund Vermögenslosigkeit nicht in der Lage sei, die Kosten zunächst selbst zu übernehmen. Derzeit beantrage er die Vorwegnahme der Hauptsache, die grundsätzlich im Eilverfahren nicht möglich sei.
Das SG hat den Antrag abgelehnt (Beschluss vom 19. Februar 2020). Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Eine einstweilige Anordnung scheitere schon am Fehlen eines Anordnungsanspruchs. Der vom Antragsteller ausgewählte Leistungserbringer, die Privatpraxis Dr. T, verfüge nicht über eine vertragsärztliche Zulassung. Ein Systemversagen liege nicht ...