Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Anordnungsgrund. Anordnungsanspruch. Glaubhaftmachung. Fehlen jeglicher Darlegung zur Hilfebedürftigkeit. Prozessuales Verhalten der Antragsteller. Keine Reaktion auf gerichtliche Verfügung. Anforderungen an Anordnungsanspruch und -grund bei der Bewilligung von Leistungen des SGB 2 durch einstweiligen Rechtsschutz
Leitsatz (redaktionell)
Es fehlt an der Glaubhaftmachung sowohl des Anordnungsgrunds wie auch des Vorliegens von Hilfebedürftigkeit im Sinn des SGB II und damit des Anordnungsanspruchs, wenn die Antragsteller seit Monaten keine Leistungen nach dem SGB II bezogen haben, die Frist zur Beschwerde an das LSG bis zum letzten Tag ausgeschöpft haben und im Beschwerdeverfahren auf eine gerichtliche Verfügung mit dem Hinweis, dass Eil- und Hilfebedürftigkeit darzulegen seien, trotz anwaltlicher Vertretung mehrere Wochen nicht reagieren. In einer solchen Fallkonstellation ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung trotz nach dem BVerfG aufgezeigter Folgenabwägung nicht erfolgreich.
Orientierungssatz
1. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes erforderlich. Hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren die Beschwerdefrist bis zum letzten Tag ausgeschöpft und hat er auf eine gerichtliche Verfügung, darzulegen, wie er seit der Einstellung von Leistungen des SGB 2 seinen Lebensunterhalt bestritten hat, überhaupt nicht reagiert, so spricht ein solches Verhalten gegen eine Eilbedürftigkeit der Angelegenheit. Der erforderliche Anordnungsgrund ist dann nicht glaubhaft gemacht.
2. Bei einem solchen Verhalten spricht vieles dafür, dass er über weitere, bisher nicht angegebene Einkünfte verfügt. Damit ist auch der erforderliche Anordnungsanspruch zur Bewilligung von Leistungen des SGB 2 nicht glaubhaft gemacht. Weitere Ermittlungen des Gerichts scheiden angesichts der Verweigerungshaltung des Antragstellers aus.
Normenkette
SGG § 86b Abs. 2 Sätze 2, 4; ZPO § 920 Abs. 2; SGB II §§ 19-20, 7
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 28.07.2008 wird zurückgewiesen. Das Prozesskostenhilfegesuch für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist unbegründet.
I.
1. Hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrages auf Erlass einer einstweiligen (Regelungs-) Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verweist der Senat zunächst auf die Ausführungen in dem den Beteiligten bekannten Beschluss des Senats vom 24.11.2008 (L 20 B 114/08 AS ER und L 20 B 115/08 AS).
Der Senat geht für die Zwecke des einstweiligen Rechtsschutzes unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R) davon aus, dass der auch die Antragsteller betreffende Ablehnungsbescheid vom 27.05.2008 diesen gegenüber, anders als ihrer Mutter gegenüber, nicht in Bestandskraft erwachsen ist. Das BSG hat insoweit, ohne dass es in dem von ihm entschiedenen Verfahren letztlich entscheidend darauf angekommen wäre, ausgeführt:
"Es spielt deshalb keine Rolle, dass die Rechtsbehelfsbelehrung sowohl des Ausgangsbescheids als auch des Widerspruchsbescheids nicht hinreichend zum Ausdruck bringt, dass jedes einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft den maßgeblichen Rechtsbehelf einlegen muss, nicht nur eine - wie auch immer geartete - Bedarfsgemeinschaft als solche, sodass für die Einlegung des Widerspruchs bzw der Klage eine Jahresfrist gilt (§ 36 SGB X, § 66 SGG). Bei Versäumung der Widerspruchs- bzw Klagefrist wäre im Verfahren beim SG bzw LSG vor einer Entscheidung über höhere Leistungen an die Durchführung eines Überprüfungsverfahrens nach §§ 40 SGB II, 330 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) i.V.m § 44 SGB X und eine Einbeziehung des Bescheids (§§ 96, 99 SGG) zu denken."
In Bezug auf die Antragsteller wäre danach die Anfechtung des Bescheides vom 27.05.2008 binnen Jahresfrist möglich und Bestandskraft somit nicht eingetreten.
2. Die zulässige Beschwerde ist aber unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die (summarische) Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 A...