Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. Kostenerstattung zwischen Leistungsträgern nach landesinterner Umverteilung von Asylbewerbern. Bezifferung des zuvor grundsätzlich geltend gemachten Erstattungsanspruchs erst nach Aufhebung des § 10b Abs 3 AsylbLG zum 1.7.2005. Beginn der Ausschlussfrist nach § 111 S. 1 SGB 10. Ende des jeweiligen Bewilligungszeitraums

 

Orientierungssatz

1. § 10b Abs 3 AsylbLG aF führt einen Belastungsausgleich auf der Ebene der einzelnen, für den Vollzug des AsylbLG zuständigen Behörden herbei, und zwar in Umverteilungsfällen unabhängig davon, ob es sich um eine landesinterne (§ 50 AsylVfG) oder eine länderübergreifende (§ 51 AsylVfG) (Um)Verteilung handelt (vgl BVerwG vom 2.10.2003 - 5 C 4/03 = BVerwGE 119, 96 = Buchholz 436.02 § 10b AsylbLG Nr 1).

2. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 10b Abs 3 AsylbLG aF entsteht kraft Gesetzes mit Eintritt des anspruchsbegründenden Umstandes der Leistungserbringung nach dem AsylbLG im Geltungszeitraum der Norm bis zum 30.6.2005. Insofern steht der Entstehung des Anspruchs nicht entgegen, wenn er nach grundsätzlicher Geltendmachung erst nach dem 30.6.2005 der Höhe nach beziffert wird. Einen Untergang des entstandenen Anspruchs mangels Abwicklung bis zum Zeitpunkt der Rechtsänderung sieht das Gesetz nicht vor (vgl LSG Essen vom 23.5.2011 - L 20 AY 7/10).

3. Für den Ablauf des Leistungszeitraums iS des § 111 S 1 SGB 10 ist bei wiederkehrenden Leistungen auf den jeweiligen Teilzeitraum (Bewilligungszeitraum; im Rahmen des AsylbLG regelmäßig ein Monat) abzustellen. Die Ausschlussfrist beginnt für jeden Teilzeitraum neu.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.04.2013; Aktenzeichen B 7 AY 5/12 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20.12.2009 insoweit geändert, als für den Hilfeempfänger N nur ein Betrag von 109,87 EUR zu erstatten ist und die darüber hinausgehende Klage bzgl. dieses Hilfeempfängers abgewiesen wird. Im Übrigen wird die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Erstattungsanspruch nach der bis zum 30.06.2005 geltenden Vorschrift des § 10b Abs. 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Die Klägerin ist in ihrem Zuständigkeitsbereich Leistungsträgerin nach dem AsylbLG. Als solche erbrachte sie auch solchen Personen Leistungen, die zuvor in Aufnahmeeinrichtungen des beklagten Landes untergebracht waren und durch landesinterne Verteilungen (Zuweisungen) in kommunale Einrichtungen überführt worden waren. Für diesen Personenkreis erhielt sie vom beklagten Land Pauschalen nach § 4 Flüchtlingsaufnahmegesetz Nordrhein-Westfalen (FlüAG NRW) in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung. Auch ab dem 01.01.2005 erfolgten Zahlungen des Landes nach Maßgabe des mit Wirkung zum Jahreswechsel geänderten FlüAG NRW.

Mit Urteil vom 02.10.2003 - 5 C 4/03 erkannte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), dass Kommunen eine Kostenerstattung nach § 10b Abs. 3 AsylbLG auch für diejenigen Bezieher von Leistungen nach dem AsylbLG verlangen können, die durch länderübergreifende Umverteilung nach § 51 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) verteilt worden sind.

Mit Erlass seines Innenministeriums vom 18.10.2004 (16-39.15.01-37-58/04) bestimmte das beklagte Land, dass dieses Urteil des BVerwG nicht nur für länderübergreifende oder landesinterne Umverteilungen aus kommunalen in andere kommunale Einrichtungen gelte, sondern auch für landesinterne Zuweisungen von Asylsuchenden aus Landesaufnahmeeinrichtungen in kommunale Einrichtungen; auch in diesen Fällen handele es sich um ein "Verziehen" i.S.v. § 10b Abs. 3 AsylbLG. Der Erstattungsanspruch bestehe in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem sich aus § 10b Abs. 3 AsylbLG ergebenden Betrag und den nach § 4 FlüAG NRW gezahlten Pauschalen. Die Kommunen hätten ihre Ansprüche in jedem Einzelfall unter strikter Berücksichtigung der Tatbestandsmerkmale des § 10b Abs. 3 AsylbLG sowie der gezahlten Pauschalen nach dem FlüAG NRW konkret nachzuweisen. Zur Frage, bis zu welchem Zeitpunkt in der Vergangenheit entstandene Kostenerstattungsansprüche nach § 10b Abs. 3 AsylbLG rückwirkend geltend gemacht werden könnten, werde im Einvernehmen mit dem Finanzministerium darauf hingewiesen, dass die Kommunen die ihnen in der Vergangenheit entstandenen Kostenerstattungsansprüche nach § 10b Abs. 3 AsylbLG gegenüber dem Land geltend machen könnten, sofern die Ausschlussfrist nach § 9 Abs. 3 AsylbLG, § 111 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) noch nicht abgelaufen sei. Die Ausschlussfrist beginne nach § 111 Satz 1 SGB X grundsätzlich mit Ablauf des letzten Tages zu laufen, für den die Leistung erbracht worden sei. § 111 Satz 2 SGB X schränke Satz 1 dahingehend ein, dass der Fristablauf frühestens mit der Entstehung des Erstattungsanspruchs beginne. Das sei der Zeitpunkt, in dem die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10b ...

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