Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. Ruhen wegen nicht rechtzeitiger Meldung der Arbeitsunfähigkeit
Orientierungssatz
Der Anspruch auf Krankengeld ruht, soweit der Versicherte nicht alles in seiner Macht stehende und ihm Zumutbare unternommen hat, um seinen Anspruch auf Krankengeld zu sichern. Auch wenn der Senat davon ausgeht, dass der Kläger darauf vertraut hat, dass sich sein Arzt, dem von der betreffenden Krankenkasse keine Freiumschläge zur Verfügung gestellt wurden, um die Versendung der AU-Bescheinigungen kümmern werde und es in der Vergangenheit noch nicht zu Verspätungen gekommen war, hat er sich letztlich bei der ihm obliegenden Aufgabe eines Erfüllungsgehilfen bedient, dessen Verschulden er sich ebenso zurechnen lassen muss wie eine Verzögerung bei der postalischen Beförderung.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.10.2017 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld für die Zeit vom 7.3.bis 15.3.2016.
Der 1955 geborene und bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte Kläger arbeitete beim St. M Hospital in P. Er wurde zum 05.02.2017 ausgesteuert und bezieht sei März 2018 eine Rente wegen Erwerbsminderung befristet bis Dezember 2019. Das Beschäftigungsverhältnis ruht.
Der Kläger ist seit 1994 bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin B I in Behandlung. Die Praxis erhält von der AOK und IKK Freiumschläge für die Versendung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (fortan: AU-Bescheinigungen). Von der Beklagten wurden keine Freiumschläge ausgehändigt. Die Praxis erklärte nach eigenen Angaben jedem Patienten, der bei der AOK, IKK oder aber auch der Beklagten versichert war, anlässlich jeder Arbeitsunfähigkeit, dass sie den Durchschlag der AU-Bescheinigung zur Krankenkasse schicken werde. Die AU-Bescheinigungen der bei der Beklagten Versicherten versandte die Praxis in den Freiumschlägen der AOK (Aufdruck: "AOK, Beleglesung, 59816 Arnsberg") an diese. Die AOK leitete die AU-Bescheinigungen der Versicherten der Beklagten an diese weiter. Diese Verfahrensweise wurde über viele Jahre so gehandhabt.
Ab 2013 erkrankte der Kläger immer häufiger. Ab dem 10.8.2015 war er arbeitsunfähig wegen F 31.9 G und F 48.0 und bezog ab dem 03.09.2015 Krankengeld. Die Beklagte übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 18.09.2015 ein Merkblatt mit den wichtigsten Informationen rund um das Krankengeld mit der Bitte, die weitere Arbeitsunfähigkeit auf der Bescheinigung für die Krankengeldzahlung vom behandelnden Arzt bestätigen zu lassen und wieder bei ihr im Original einzureichen. Die Arbeitsunfähigkeit stellte - mit Ausnahme der Zeit eines stationären Krankenhausaufenthalts - auch im weiteren Verlauf Herr I fest. Dabei verwendete er sowohl "Bescheinigungen für die Krankengeldzahlung" als auch AU-Bescheinigungen. Die für die Krankenkasse vorgesehenen Durchschläge der AU-Bescheinigungen enthielten im Jahr 2015 den Hinweis "Bei verspäteter Vorlage droht Krankengeldverlust". Die Meldungen gingen auf postalischem Wege entweder bei der Geschäftsstelle in Siegen oder in Bochum ein. Die am 22.2.2016 (bis zum 6.3.2016) festgestellte Arbeitsunfähigkeit zeigte der Kläger der Beklagten an, indem er ihr eine Kopie der Ausfertigung für Versicherte mailte. Auf dieser Ausfertigung ist folgender Hinweis vermerkt:
"Hinweise für Versicherte zum Krankengeld
Achten Sie beim Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit auf einen lückenlosen Nachweis. Hierfür stellen Sie sich bitte spätestens an dem Werktag, der auf den letzten Tag der aktuellen Arbeitsunfähigkeit folgt, bei ihrem Arzt oder ihrer Ärztin vor. Bei der verspäteten Vorlage der Bescheinigung bei der Krankenkasse oder lückenhaftem Nachweis der Arbeitsunfähigkeit droht Krankengeldverlust. Weitere Informationen erhalten Sie bei Ihrer Krankenkasse."
Am 7.3.2016 bescheinigte Herr I weiterhin Arbeitsunfähigkeit bis zum 20.3.2016 und versandte die für die Beklagte bestimmte Ausfertigung der AU-Bescheinigung in einem Freiumschlag der AOK. Die AU-Bescheinigung ging am 16.3.2016 bei der Beklagten in Bochum ein und wurde sodann digitalisiert.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 21.3.2016 Krankengeld vom 1.3. bis 6.3.2016 und vom 16.3. bis 20.3.2016. Zugleich stellte sie für die Zeit vom 7.3. bis 15.3.2016 das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld fest, da die Attestierung der Arbeitsunfähigkeit erst am 16.3.2016 angezeigt worden sei. Mit seinem Widerspruch erklärte der Kläger, Herr I habe sich um den postalischen Versand gekümmert. Er fügte ein Attest des Herrn I vom 5.4.2016 bei, in dem dieser angab, dem Kläger lediglich das Formular für den Arbeitgeber ausgehändigt zu haben. Der Durchschlag für die Krankenkasse sei durch die Praxis auf postalischem Weg versandt worden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbesche...