Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelaltersrente. Anrechnung beitragsfreier Ersatzzeiten. Anwendbarkeit des Art 22 Nr 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit (juris: SozSichAbk ISR) iVm Nr 7 des Schlussprotokolls zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit (juris: SozSichAbkSchlProt ISR)
Orientierungssatz
1. Aus der Rechtsprechung des BSG, wonach bei der Bewertung beitragsfreier Zeiten seit 1992 die Anzahl der israelischen Monate von der Zahl der im Gesamtzeitraum belegbaren Kalendermonate abzuziehen sind, weil diese iS der §§ 71-73 SGB 6 weder Beitragszeiten noch "Versicherungslücken" sind (vgl BSG vom 24.7.2001 - B 4 RA 45/99 R = SozR 3-2600 § 71 Nr 2 und vom 18.5.2006 - B 4 RA 34/05 R), lässt sich kein allgemeiner Rechtssatz dahingehend ableiten, dass eine Anrechnung israelischer Monate uneingeschränkt erfolgt. Die Ausführungen sind ausschließlich dahingehend zu verstehen, im Rahmen des Anwendungsbereichs von Art 22 Nr 3 SozSichAbk ISR eine völkerrechts- und verfassungsgemäße Auslegung zu gewährleisten.
2. Die Vorschrift des Art 22 Nr 3 SozSichAbk ISR ist nicht auf Ersatzzeiten gem § 250 SGB 6 anwendbar, sondern betrifft ausschließlich die Anrechnung von Ausfallzeiten (beziehungsweise seit 1992 Anrechnungszeiten) oder einer Zurechnungszeit. Das gleiche gilt für die Vorschrift der Nr 7 SozSichAbkSchlProt ISR, da diese die Regelung des Art 22 Nr 3 SozSichAbk ISR lediglich hinsichtlich der Begünstigung NS-verfolgter israelischer Versicherter bei der Anrechnung von Ausfallzeiten ergänzt. Die Vorschrift hatte stets den Zweck, israelischen Versicherten der von der NS-Verfolgung unmittelbar betroffenen Generationen in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung den Rangstellenwert vor allem aus Ausbildungs-Ausfallzeiten zu sichern (vgl BSG vom 24.7.2001 - B 4 RA 45/99 R = SozR 3-2600 § 71 Nr 2 und vom 18.5.2006 - B 4 RA 33/05 R = SozR 4-6480 Art 22 Nr 1).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.10.2007 wird zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 29.04.2008 abgewiesen.
Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt im Rahmen von Überprüfungsverfahren gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) die Neuberechnung seiner Regelaltersrente unter Berücksichtigung einer verbesserten Bewertung der Verfolgungsersatzzeiten.
Der ... 1932 in M geborene Kläger lebte seit 1938 in Palästina und wurde später israelischer Staatsangehöriger. Dort besuchte er bis Juni 1946 die Volksschule und schloss den Schulbesuch am Gymnasium 1950 mit dem Abitur ab. Nach seinem Militärdienst von 1950 bis 1952 absolvierte er von Oktober 1952 bis Juni 1956 ein Hochschulstudium, das er mit der Masterprüfung abschloss. Von April 1954 bis 30.09.1999 erwarb er 566 Monate an Versicherungszeiten in Israel. Zur Abgeltung seines Ausbildungsschadens im Wege des Härteausgleichs gemäß § 171 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) zahlte das Land Baden-Württemberg 10.000 DM an den Kläger (Oberlandesgericht Stuttgart - 9 U 5135 -, gerichtlicher Vergleich vom 24.10.1974).
Mit Bescheid vom 03.09.1997 bewilligte die Beklagte Regelaltersrente ab 01.07.1997 in Höhe von 1230,42 DM monatlich. Berechnungsgrundlage waren insoweit allein die bereits festgestellten rentenversicherungsrechtlich relevanten Zeiten (308 Beitragsmonate durch freiwillige Beiträge vom 01.06.1948 bis 31.12.1973 sowie 01.01.1983 bis 31.01.1983, Bescheid vom 15.02.1988). Dabei ging die Beklagte von dem zum Zahlungsbeginn maßgeblichen "aktuellen Rentenwert" von 47,44 DM und dem Rentenartfaktor 1,0 aus. Die Summe der Entgeltpunkte für die Beitragszeiten betrug 25,9363. Den belegungsfähigen Gesamtzeitraum legte sie für die Zeit vom 26.06.1949 (Vollendung des 17. Lebensjahres) bis zum 30.06.1997 (Kalendermonat vor Rentenbeginn) zuzüglich 12 Monate vor Vollendung des 17. Lebensjahres mit 589 Monaten zugrunde. Davon in Abzug gebracht wurden 65 nicht belegungsfähige Kalendermonate. Unter Berücksichtigung von 524 belegungsfähigen Kalendermonaten belief sich der Durchschnittswert nach der maßgebenden Grundbewertung auf 0,0495 Punkte. Die israelischen Pflichtbeiträge setzte sie dabei nicht als nicht belegungsfähige Kalendermonate ab.
Nachdem der Kläger zunächst durch einen vollmachtlosen Bevollmächtigten unter dem 06.12.2001 einen Neuberechnung der Rente bezüglich der beitragsfreien Zeiten unter Hinweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.07.2001 - B 4 RA 45/99 - beantragt hatte, begehrte er - seit Januar 2003 anwaltlich vertreten -, die in dem Rentenbescheid vom 03.09.1997 anstelle der Anrechnungszeiten berücksichtigten freiwilligen Beiträge soweit möglich auf die weiteren Beiträge zu verteilen, hilfsweise zu erstatten. Mit Be...