Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstleistungsfreiheit polnischer Arbeitnehmer
Orientierungssatz
1. Im Weg der Feststellungsklage kann ein ausländisches, in Deutschland tätiges Unternehmen die Feststellung begehren, dass bei ihm beschäftigte Mitarbeiter der Dienstleistungsfreiheit bzw. der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach dem Beitritt zur EU unterliegen. Die für die Feststellungsklage erforderliche Wiederholungsgefahr droht, wenn das Unternehmen auch weiterhin die Ausführung entsprechender Werkverträge anbietet.
2. Arbeiten zur Erstellung einer Sumpfstrecke in einem Bergwerk unterfallen nicht dem Baugewerbe, sondern dem Bergbau. Die dabei beschäftigten polnischen Arbeitnehmer unterliegen der Dienstleistungsfreiheit und bedürfen nicht der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.05.2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 56.658,69 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Mitarbeiter der Klägerin bei der inzwischen beendeten Ausführung des Werkvertrages zwischen der ARGE Sumpfstrecke BW Auguste-Victoria und der Klägerin über das Herstellen von 240 m Sumpfstrecke im Bereich AV 3, 5. Sohle im Bergwerk Auguste-Victoria der Dienstleistungsfreiheit unterlagen.
Die Klägerin ist ein polnisches Unternehmen mit Sitz in Katowice in Polen. Sie unterhält in Deutschland eine Zweigniederlassung in N. Diese wird im Rahmen der zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Republik Polen geschlossenen Regierungsvereinbarung zur Ausführung von Werkverträgen im Bundesgebiet mit ihren aus Polen entsandten Arbeitnehmern tätig.
Am 21.12.2004 schlossen die Klägerin und die ARGE Sumpfstrecke BW Auguste-Victoria, Deilmann-Haniel GmbH/Thyssen Schachtbau GmbH einen Werkvertrag. Gegenstand des Vertrages ist nach § 1 Werkvertrag die Ausführung von Arbeiten zur Herstellung von ca. 240 m Sumpfstrecke im Bereich AV 3, 5. Sohle im Bergwerk Auguste-Victoria, Karl-Duisberg-Straße in 45772 Marl. Die Ausführung sollte am 24.01.2005 beginnen und am 30.09.2005 enden. Dieser Zeitrahmen gilt gemäß § 2 des Werkvertrages unter der Voraussetzung, dass Arbeits- und Aufenthaltserlaubnisse für die erforderlichen Fachkräfte der Klägerin durch die zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland rechtzeitig erteilt werden. Das Leistungsverzeichnis der ARGE Sumpfstrecke BW Auguste-Victoria, auf welches der Werkvertrag Bezug nimmt, umfasst das Einrichten des Betriebspunkts einschließlich aller Arbeiten, die Demontage von Einbauten und Rohren, den Ersteinbau von Fördermitteln und Geräten, den Umbau der Fördermittel nach Fertigstellung und Senken der Stufe 1, das Einbringen von Klebeankern, Mörtelankern und Litzenankern, den Rauben Verzug mit Hinterfüllung, Sägeschnitte, das Senken von Stufe 1 und Stufe 2, das Einbringen von Sohlen- und Wandbeton, den Einbau von Rohren und das Abrüsten des Betriebspunktes. Grundlage dieser Arbeiten war das Leistungs- und Preisverzeichnis der DSK Deutsche Steinkohle AG. Hierin ist das Projekt wie folgt beschrieben: "Im Zusammenhang mit der kompletten Neuausrichtung der Wasserhaltung ist die Verlegung der Hauptwasserhaltung vom Standort Auguste-Vicotria 1/2 zum Schacht Auguste-Victoria 3 auf der 5. Sohle vorgesehen. Einer der hierfür erforderlichen Schritte ist die Erstellung einer Sumpfstrecke. Die Sumpfstrecke ist im südlichen Umtrieb auf der 5. Sohle zu errichten. Um ein ausreichendes Speichervolumen (ca. 3.700 m3) zu erreichen, muss der südliche Umtrieb auf einer Länge von 240 m um 4 m durchgesenkt werden.
Für die sichere Ausführung der Arbeiten sind unserer Ansicht nach folgende Bergfach-kräfte erforderlich: ( ...)"
Mit Schreiben vom 28.12.2004 forderte die Klägerin die Beklagte zu der Bestätigung auf, dass es sich bei der Ausführung des Werkvertrages um eine genehmigungsfreie Tätigkeit handele. Es sei beabsichtigt, für die Ausführung des Werkvertrages 16 Mitarbeiter einzusetzen. Dabei handele es sich um einen Betriebsstellenleiter, zwei Steiger und 14 Hauer. Sie, die Klägerin, gehe von einer Genehmigungsfreiheit aus, da die auszuführenden Arbeiten dem Bereich Bergbau zuzuordnen seien.
Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin am 14.01.2005 ab. Bauarbeiten untertage seien dem Baugewerbe zuzuordnen. Dies gelte auch für die im streitgegenständlichen Werkvertrag aufgeführten Tätigkeiten, da es sich nicht um die reine Gewinnung natürlich vorkommender Rohstoffe wie zum Beispiel Kohle und Erz im Untertage- und Tageabbau handele. Die beabsichtigten Arbeiten seien daher dem Zusicherungsvorbehalt der Beklagten im Rahmen der zwischenstaatlichen Regierungsvereinbarung unterzuordnen und könnten nicht im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit ausgeübt werden. Sie sei an die Weisungslage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) gebunden.
Die Klägerin stellte am 18.01.2005 einen Antrag au...